Glatt & Verkehrt

Sexy Bub vor grauen Panthern

Lou Asril, Herzbube des heimischen Pop, trat bei der Eröffnung des Festivals in Krems mit einem Chor auf.

Das Virus fährt dem Festival Glatt & Verkehrt arg in die Parade. Im Hof der Winzer Krems findet heuer nur ein Konzert pro Abend statt; die Überdachung fehlt, was die Aura schön offen macht. Luftig wirkte auch Lou Asril, das Mostviertler Falsettwunder. In Popzirkeln längst gefeiert, hat er es nun also auf Ö1 geschafft, wo Glatt & Verkehrt übertragen wird. So niedrig war der Altersschnitt dieses Graue-Panther-Festivals noch nie. Durchmischung in Alter und Milieu zeichnet ja gut kuratierte Events aus, so saßen sie alle friedlich beieinander, Nobelschanis und Popproletariat, Klassikfreaks und Discoadel, und lauschten den ekstatischen Gesängen von Asril und dem extra formierten neunköpfigen Space Choir.

Zunächst aber glitt Asril, begleitet nur vom E-Piano, in ein Szenario des Staunens. „How Is It Possible?“, fragte er mit abenteuerlich hoher Stimme. Im rosa Zweiteiler, die Arme voller falscher Klunker, saß er auf einem Barhocker. Kollegen wie Mick Jagger lassen sich nicht einmal vom Zahn der Zeit in Sitzhaltung zwingen, Asril startet seine Karriere damit. So kann er sich wohl besser konzentrieren. Noch in den beseeltesten Passagen behielt er sein Pokerface. Nur die gestikulierenden Arme deuteten an, wie sehr er mit seinen Szenarien mitlebte. Die sind meist erotisch aufgeladen. „I like to be sexy and a man“, hauchte er zu Beginn von „Safe And Complete“. In forciertem Rhythmus formulierte er sein Begehr: „If you want it, come and get it!“ Besonders eindringlich: „Maximum“, vom Space Choir mit feinem Stimmlack à la Swingle Singers überzogen. Kontrapunktisch dazu entwickelte Asril einen rhythmischen Fluss, der an den Flow von Jay-Z erinnerte.

Im Lauf des Abends nutzte sich die klangliche Sensation von Asril ätherischer Stimme bei diesem sparsamen Arrangement etwas ab. Der Hit „Divine Goldmine“ und die Zugabe „Berlin, Pretty City“ funktionierten trotzdem bestens. (sam)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2020)

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