Porträt

Ein Kuchler erlöst Barnsley

Gerhard Struber hat seine Mission erfüllt.
Gerhard Struber hat seine Mission erfüllt.APA/EXPA/DOMINIK ANGERER
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Gerhard Struber, 43, führte Barnsley zum Klassenerhalt in der englischen Championship. Motivation und Glaube sind Antrieb, doch das Baumfällen gibt ihm Kraft.

London. Gerhard Struber hat es geschafft. Der „waschechte Salzburger“, 43 und aus Kuchl, ist der neue Held der nordenglischen Kleinstadt Barnsley. 91.000 Einwohner stark, und um einen Fußballklub reicher, der den Klassenerhalt in der Championship mit einem Last-Minute-Sieg im letzten Spiel der Saison gegen Brentford geschafft hat. Es ist Strubers Verdienst, er hatte den schwerst abstiegsgefährdeten Klub erst im vergangenen November übernommen. Und darf jetzt bereits für seine zweite Saison im „Mutterland des Fußballs“ planen, wenngleich die Championship ein sehr „hartes Pflaster“ im bezahlten Fußball ist.

Der zweifache Familienvater – Frau und Kinder blieben in Österreich – ist Spezialist für schwierige Aufgaben bei kleinen Klubs. War er als Fußballer die meiste Zeit schon bei Austria Salzburg (1995–2001, Meister 1997) gewesen, so sammelte er auch seine ersten Trainereindrücke bei diesem Klub, besser dem Nachfolger: Red Bull. Struber trainierte in der Nachwuchsakademie, geholt von Ralf Rangnick und Christoph Freund, nahm sich aber auch eine Auszeit. Dann arbeitete er in der Versicherungsbranche als Vertriebsmanager, studierte Betriebswirtschaft.

Der Fußball ließ ihn aber nicht los, er war 2012 zwischendurch auch Trainer in Kuchl. 2015 war er Co-Trainer der Bullen-Profis, 2017 stieg er zum Chef beim FC Liefering auf. Jugendarbeit liegt ihm am Herzen, er verlangt offensives Spiel, setzt andere Reize als seine Konkurrenten. Wer alles anders macht, kann damit auch Erfolg haben: Mit dem WAC wurde er Dritter und stürmte 2019 sogar in die Europa League. Da machte er Barnsley auf sich aufmerksam und erhielt einen Vertrag bis 2022.

Weil sich Struber nie in den Vordergrund drängt, war es kaum verwunderlich, dass der Salzburger bei Siegerinterviews Tränen vergoss und „vom großen Herz“ und seinen „Burschen“ sprach. Dass er auch auf österreichisches Know-how setzt, zeigt seine Verbundenheit zur Heimat, sein Vertrauen. Gleich drei ÖFB-Legionäre versuchen sich in Barnsley: Mario Sollbauer, Marcel Ritzmaier und Patrick Schmidt.

Der Begriff Aufgeben ist ihm fremd, und obgleich die vergangenen Monate hart waren und bei vielen oft Zweifel aufkamen, hielt er an seiner Marschroute fest. Mentalität nennt es Struber und predigt sie in jedem Training. Glaube, Energie, Wollen – und träumen, darauf setzt er, daran knüpft er neue Impulse.

Und wenn es einmal zu viel wird, fliegt er eben sofort nach Hause. Zur Familie, zu seinem Wald. Und dann hackt der Naturmensch flott ein paar Bäume um, damit er neue Kraft für Englands Rasen sammelt. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2020)

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