Interview

Hans-Werner Sinn: "Ein Schuldenschnitt ist das Normalste auf der Welt"

Hans-Werner Sinn:
Hans-Werner Sinn: (c) Stefan Boness / Visum / picturedesk.com (Stefan Boness)
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Der bekannteste deutschsprachige Ökonom, Hans-Werner Sinn, diagnostiziert in Ländern wie Italien die „holländische Krankheit“ und erwartet, dass die EU Richtung Transferunion abdriftet. Einen schönen Ausweg sieht er nicht: „Man kann nur unter den Übeln wählen". Sicher ist für Sinn: Die EZB handelt „hochgefährlich".

Herr Sinn, ich habe gelesen, Sie haben Geld an Italien gespendet?

Hans-Werner Sinn: Ja, zusammen mit meiner Frau für unsere Verhältnisse größere Summen an das Rote Kreuz in Italien und an die Außenstellen verschiedener Städte. Wir haben den Wirtschaftsbeirat Bayern auch für eine Spendenaktion der bayerischen Unternehmen eingeschaltet. Nach den Bildern der Leichentransporte musste man ein Zeichen der Solidarität setzen.

Dann gefällt Ihnen doch sicher auch, dass die EU jetzt auch sozusagen Geld spendet, nämlich über einen EU-Wiederaufbaufonds 390 Milliarden Euro Zuschüsse verteilt?

Das finde ich im Prinzip richtig.

Aber?

Für mich ist eine Spende ein freiwilliger Akt, den jeder Staat für sich setzen kann. Da braucht es keine EU-Koordination. Und falls doch, hätte es den Europäischen Stabilitätsmechanismus, den ESM, gegeben. Den wollten Italien und Frankreich aber nicht benutzen, weil Gelder aus dem ESM an Auflagen geknüpft sind. Aber ich will nicht lamentieren. Die Hilfe ist richtig. Wovor ich warne, ist der Irrglaube an ein dauerhaftes Transfersystem, wie es Emmanuel Macron will. Denn wenn der Norden permanent Transfers an den Süden überweist, wäre das für den Süden eher problematisch.

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