Rudolf Anschober kümmert sich nun auch wieder um sein altes „Kernthema“: Asylwerber in Lehre. Diese werden zwar nicht mehr abgeschoben, solange sie in Ausbildung sind – danach aber durchaus. Die ÖVP will nicht darüber verhandeln. Wieso will das aber Anschober?
Wien. Der grüne Sozialminister, Rudolf Anschober, muss sich in letzter Zeit häufiger mit Wellen auseinandersetzen – Corona-Infektionswellen, Popularitätswellen zum Beispiel und jetzt, vielleicht, mit einer Abschiebewelle. Dabei geht es um jene Asylwerber, die in Österreich in einem Mangelberuf eine Lehre angefangen haben – und denen selbst nach einem erfolgreichen Abschluss die Abschiebung aus Österreich droht, falls ihnen die Behörden kein Asyl zugesprochen haben. Anschober will diese Situation nun ändern – und mit der ÖVP darüber verhandeln.>> Rudolf Anschober: Der Krisengewinner [premium]
Der beliebteste Politiker des Landes heißt plötzlich Rudolf Anschober. Er beherrscht die Kommunikation. Aber auch sein Ressort?
640 Asylwerber waren dem AMS zufolge Ende Juni als Lehrlinge gemeldet; es handelt sich dabei um Menschen, die vor dem Einstellungsstopp für Asylwerber als Lehrlinge ihre Ausbildung begonnen haben. Sie sind in Mangelberufen tätig und haben eine Beschäftigungsbewilligung. Mittlerweile beginnen für die Ersten von ihnen die Lehrabschlussprüfungen – danach droht ihnen die Abschiebung. Dass sie nicht schon während der Lehrzeit abgeschoben werden können, beruht auf einer Kompromisslösung. Diese ist kurz vor der türkis-grünen Regierungsbildung im Dezember 2019 von allen Parteien bis auf die FPÖ im Parlament beschlossen worden.
Der Antrag selbst stammte damals von der ÖVP. Die Kanzlerpartei will seitdem nicht mehr über eine Änderung für Lehrlinge reden: Die Lösung für „Altfälle“, sagte damals ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer, sei „pragmatisch und menschlich“.
ÖVP lehnt Verhandlungen ab
Anschober, der vor zwei Jahren als oberösterreichischer Integrationslandesrat mit der Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ zur Galionsfigur für jene geworden ist, die sich für die Lehrlinge einsetzen, holte das Thema nun diese Woche wieder zurück aufs Tapet. Er wolle nach dem „Etappenerfolg“ im Dezember weiter an einer „endgültigen Lösung“ arbeiten, sagte er der „Presse am Sonntag“; in der ORF-Sendung „Zeit im Bild“ kündigte er am Donnerstagabend dann an, mit der ÖVP über eine Absicherung für die Lehrlinge verhandeln zu wollen.