Gelsen und Filterkaffee

Expedition Europa im südfinnischen Sommer.

Zum ersten Mal in Finnland. Angenehm der südfinnische Sommer, es hat nicht mehr als 25 Grad und ist gar nicht schwül. Auf einer Anhöhe über der Finnischen Seenplatte geparkt, übernachte ich in meinem Kombi. Ziehe mir die Tuchent über Kopf und Zehen und höre über mir ein Geschwader Gelsen heulen. Finnische Gelsen sind anders, langbeinig und feingliedrig. Am Morgen tappen sie hilflos an den Fensterscheiben herum, meine Tuchent hat sie schachmatt gesetzt. Ein Kaurismäki-Film-Moment: Als mir ein Bauarbeiter den Weg erklärt, blickt er unverwandt in die Leere eines fernen Baukrans. Am Ende sieht er mir kurz in die Augen, und erst da begreife ich, dass der Mann wahnsinnig freundlich zu mir ist. Weiters lerne ich, dass die mit Abstand größten Kaffeeverbraucher der Welt einem seltsamen Spleen anhängen – Finnen trinken Filterkaffee.

Skandinavische Recherchen sind angenehm. So stößt der Reporter ganz ohne Quote und Vorsatz auf weibliche Protagonistinnen, Frauen machen hier einfach die interessantesten Jobs. Die Finninnen bekamen 1906 als Erste in Europa das Wahlrecht, eine Finnin war 1907 die erste Parlamentarierin der Welt, und seit 2019 hat Finnland diese berühmte Female-Power-Regierung: Die Vorsitzenden aller fünf Koalitionsparteien sind weiblich. Vier der fünf Chefinnen sind jung, zwei hatten einen Alkoholikervater, zwei sind Finnlandschwedinnen, und die Premierministerin wurde von einem lesbischen Paar aufgezogen.

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