„Gottesdienstliche Stimmung“ bei der ersten „Jedermann“- Aufführung am 22. August 1920. Die Zuschauer auf dem Domplatz wagten nicht zu applaudieren.
Salzburger Festspiele

Salzburgs geniale Improvisationen

Was Festspiele brauchen, sind nicht Entwürfe und Baupläne, sondern Aufführungen. So dachten 1920 die Gründer der Salzburger Festspiele. Sie hatten viele Ideen, aber kein Festspielhaus, und entwickelten daher eine große Kreativität in der Wahl von Spielstätten.

Es waren ein umtriebiger Theatermann aus Berlin und ein sensibel-intellektueller Dichter aus Wien, die die Möglichkeit entdeckten, aus der kleinen Stadt Salzburg etwas Großes zu machen, eine Festspielstadt. „Das mittlere Europa hat keinen schöneren Raum“, dekretierte Hugo von Hofmannsthal. Daher wollten er und der Regiemagier Max Reinhardt ihre Festspielpläne nicht wie in Bayreuth auf ein monumentales, steinernes Gebäude fokussieren, sondern die Stadt selbst und die umgebende Landschaft sollten an der Schaffung einer „heiligen“ Festspielatmosphäre mitwirken.

Die beiden waren auch gezwungen dazu: Sie waren voll von Ideen und gründeten 1920 die Festspiele – ohne ein Festspielhaus. Ein geplanter Bau in Hellbrunn kam wegen der desolaten wirtschaftlichen Lage im Nachkriegs-Österreich nicht infrage. Der Plan erhielt 1917 von einem Beamten der k. k. Hoftheater den Vermerk „Ad acta“, ein für hochschießende Pläne in Österreich typisches Schicksal.

Die große Not der Zeit begleitete die Festspielgründung wie ein Kontrapunkt. Festspiele „im Lande der krepierenden Wirtschaft“ seien ähnlich töricht wie eine Gemäldeschau im Blindenasyl, schrieb Alfred Polgar. Die implizite Prognose über die geringe Lebensfähigkeit dieses Unternehmens wurde von den Gründern entkräftet: nämlich, indem sie genial zu improvisieren begannen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Asmik Grigorian: „Ich bin von meiner Natur her ein sehr gebender Mensch.“
Interview

Asmik Grigorian: „Ich führe einen inneren Kampf. Jedes Mal.“

Die litauische Opernsängerin Asmik Grigorian wurde mit ihrer Interpretation der Salome bei den Salzburger Festspielen zum Star. Am 1. August ist sie nun ebendort als Chrysothemis in Richard Strauss' „Elektra“ zu sehen. Wie sie mit dem Druck umgeht, welche Spuren ihre Erziehung hinterlassen hat und über Erfolg und Einsamkeit spricht sie mit der „Presse am Sonntag“.
Seit der Saison 2017 leitet Bettina Hering bei den Salzburger Festspielen das Schauspiel.
Interview

Bettina Hering: „,Jedermann‘ ist Teil der DNA der Festspiele“

Die Schauspiel-Chefin der Salzburger Festspiele, Bettina Hering, über ihre Erfahrung mit Österreich, der Postdramatik und dem Coronajahr 2020.
Moderner Vogelfänger, frei nach Papageno aus der „Zauberflöte“: „Bird Catcher’s Dilemma 2020“, von Yinka Shonibare.
Salzburger Festspiele

Jedermann lebt, er darf nicht sterben!

Zum 100. Jubiläum des Festivals ist im Salzburg-Museum eine vielschichtige, opulente Landesausstellung zu sehen: „Großes Welttheater“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.