Die Rückkehr der Toilettenspitzel

Das neue russische Geheimdienstgesetz weckt bei vielen böse Erinnerungen an die Zeiten des allmächtigen Sowjetgeheimdienstes KGB.

Dmitrij Medwedjew, der Präsident Russlands, hat recht: Natürlich ist die Gesetzgebung auch über die Geheimdienste ureigenste Sache eines Landes. Genauso ist es das Recht der Bürger eines Landes, aber auch des befreundeten Auslands, auf mögliche Defekte in neuen Gesetzen hinzuweisen.

Wäre Russland ein gut funktionierender Rechtsstaat, in dem es auch eine unabhängige Kontrolle über die Sicherheitsapparate gibt, müsste einem über das neue Gesetz, das dem Inlandsgeheimdienst FSB mehr Befugnisse zur Überwachung der Bürger einräumt, weniger bange sein. Aber Russland ist kein einwandfreier Rechtsstaat, und eine unabhängige Kontrolle gibt es auch nicht. Vielmehr wucherte seit der Machtübernahme Wladimir Putins im Jahr 2000 der gesamte russische Geheimdienstapparat, sitzen Geheimdienstler an allen möglichen Schaltstellen der Macht.

Umso größer die Sorge, wenn der FSB immer mehr Vollmachten in die Hände bekommt. Viele Russen haben die Zeiten noch gut in Erinnerung, als der allmächtige KGB bis in ihre Toiletten hineinhorchte, ob sie auch ja nichts Antisowjetisches äußerten. Positiv zu vermerken ist heute nur, dass selbst Kreml-nahe Politiker wie der Oberhaus-Vorsitzende Sergej Mironow ihren Unmut über das neue FSB-Gesetz öffentlich kundtun. Man wird sehen, ob das nur ein Ausrutscher war, oder ob sich da sogar eine neue oppositionelle Zelle bildet. (Bericht: S. 3)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2010)

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