Verrenkungen sind die leichteste Übungen für Designer: Auch wenn man Nähe und Abstand gleichzeitig herstellen will. Mit neuen Sitzmöbeln, den „Plauderecken“ in der Stadt
Zum Plaudern geht man ja meistens nicht mehr auf die Straße. Zumindest nicht zum Plaudern mit den anderen, die auch gerade auf der Straße sind. Wenn man trotzdem unterwegs ist, dann spricht man eher mit jenen, die ganz woanders sind. Das Smartphone ist der perfekte Abstandhalter. Weit entfernt miteinander verbunden sein – perfekt für Corona-Zeiten. Das Problem aber an der kontaktlosen Kommunikation: Kontakt bietet sie eben nicht allzuviel. Haptischen schon gar nicht. Aber mehr als beim Ellbogen kurz andocken ist derzeit beim Social Distancing ohnehin nicht drinnen. Auch „Zoomen“, sprich Videokonferenz, als alternative Form der menschlichen Begegnung konnte sich menschlich und emotional noch nicht so ganz durchsetzen. Bleiben noch die „Bankerl“ im öffentlichen Raum, die gerade jetzt Stadtplaner und Designer wieder zu forcieren scheinen. „Mehr davon!“ rief kürzlich die Stadt Wien aus. Also soll doch nicht nur der Asphalt Begegnungszone werden. Sondern tatsächlich auch der Straßenraum zwischen den Häusern.
Bis jetzt wurde das „Begegnen“ in der Stadt ja eher romantisch herbeigewünscht. Als würden sich fremde Sitznachbarn, die keine Pensionisten sind, einfach so in zwanglose Plauscherl verstricken. Wir sind ja nicht in der Jausenstation oder auf der Almhütte. Meist versucht man in der Stadt dann doch eher stumm vor sich her zu sitzen und hofft dabei, dass der andere die Zeichen richtig versteht: Also dass man eh nicht unbedingt zum Reden hierher gekommen ist. Damit aber vielleicht trotzdem etwas daraus wird, aus dem stummen Nebeneinander ins Smartphone starren sogar vielleicht ein Gespräch, hat Wien nun gestalterisch nachgelegt. Und die Designer hinaus ins schönste Experimentierfeld überhaupt geschickt: auf das Terrain der urbanen sozialen Interaktion. Um Menschen sich näher zu bringen mit genügend Abstand dazwischen.