Dauerkonflikt

Neuer Anlauf für eine Waffenruhe in der Ostukraine

Ukrainische Soldaten an der Front in der Nähe von Novotoshkivke in der Region Luhansk haben Zeit für Angenehmeres als Krieg.
Ukrainische Soldaten an der Front in der Nähe von Novotoshkivke in der Region Luhansk haben Zeit für Angenehmeres als Krieg.via REUTERS
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Gut zwei Dutzend Mal wurden vereinbarte Feuerpausen zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten nach kurzer Zeit gebrochen. Dieses Mal gibt es Hoffnung, dass die Waffen schweigen.

Sie versuchen es noch einmal: Gut zwei Dutzend Mal schon vereinbarten die Ukraine und Vertreter der abtrünnigen ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk seit 2015 eine Waffenruhe. Aber jedes Mal ging nach kurzer Zeit der Beschuss zwischen ukrainischer Armee und prorussischen Separatisten wieder los. Seit Montag nach null Uhr ist eine neue Waffenruhe in Kraft – und viele hoffen darauf, dass sie dieses Mal von Dauer ist.

Dafür, dass sie halten könnte, spricht, dass sich der russische und der ukrainische Präsident, Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskij, in einem Telefonat am Sonntag hinter die Vereinbarung stellten. Auch Papst Franziskus betet dafür, „dass die Einigung umgesetzt wird und der Prozess der Entwaffnung vorankommt. Nur so kann man Vertrauen wiederaufbauen und Grundlagen für Versöhnung schaffen.“

Allein seit Jahresbeginn sind bei den ständigen Scharmützeln entlang der Frontlinien 50 ukrainische Regierungssoldaten getötet und mehr als 250 verletzt worden; die Separatisten schweigen über ihre Verluste. Leidtragende der Hinterhalte sind oft genug die Zivilisten, die seit Beginn der verdeckten russischen Intervention in der Ostukraine im Frühjahr 2014 nie mehr Ruhe finden konnten. In dem Konflikt sind nach UNO-Angaben über 13.000 Menschen getötet worden.

Selenskij braucht politische Erfolge

Selenskij hat vor mehr als einem Jahr die Präsidentenwahl in der Ukraine nicht zuletzt auch mit dem Versprechen gewinnen können, dass er den blutigen Konflikt im Osten des Landes beenden werde. Seither hat er immerhin erreicht, dass es zum Austausch von Gefangenen mit Separatisten kam. Doch Personalrochaden in der Regierung und in der Zentralbank haben das Vertrauen ausländischer Investoren erschüttert und die Popularitätswerte Selenskijs bei den Wählern in den Keller rasseln lassen. Mit einer anhaltenden Befriedung der Ostukraine hofft er verlorenen Boden wiedergutzumachen. An die westlichen Mitglieder der Normandie-Gruppe – Deutschland und Frankreich – appellierte Selenskij, mitzuhelfen, dass die jetzige Waffenruhe dauerhaft sei.

Die Vertreterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Heidi Grau, nannte eine Reihe von Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass die Umsetzung der Waffenruhe dauerhaft ist und die entlang der rund 450 Kilometer langen Frontlinie lebenden Zivilisten besser geschützt werden: Verbot des Einsatzes von Drohnen; keine Positionierung von schweren Waffen mehr in Ortschaften, vor allem nicht in der Nähe von Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern; nur noch die oberste Kommandoebene soll den Befehl zu Erwiderungsfeuer geben können.

Ein Haar in der Suppe

„Die ukrainische Armee schützt das Land schon das siebte Jahr vor der militärischen Aggression Russlands“, erklärte Befehlshaber Wolodymyr Krawtschenko am Montag in einem Fernsehbriefing. „Gleichzeitig muss sie eine vollständige und umfassende Waffenruhe sicherstellen. Damit eröffnet die Armee den Politikern die Gelegenheit, den Friedensprozess voranzubringen.“

Putin aber fand in seinem Telefonat mit Selenskij gleich wieder ein Haar in der Suppe: Es widerspreche den Friedensvereinbarungen von Minsk, dass die Ukraine im Herbst Kommunalwahlen abhalten wolle. Das Parlament in Kiew hatte die Abhaltung von Kommunalwahlen am 25. Oktober im Regierungsgebiet angesetzt, außer in den von den prorussischen Separatisten kontrollierten zwei Regionen.

(b.b./dpa/Reuters)

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