Leihräder

Ludwig präsentiert Lösung: Wiener Linien übernehmen die Citybikes

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Bürgermeister Michael Ludwig verkündet die Wiener Linien als neuen Betreiber der Citybike-Leihräder – und überrumpelt damit den grünen Koalitionspartner.

Man könnte es „ein Machtwort sprechen“ nennen. „Etwas zur Chefsache“ erklären. Und wohl auch: Den Koalitionspartner überrumpeln. All das hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Mittwoch getan – wieder einmal.

Nach seinem kürzlichen Veto gegen die Pläne einer autofreien Innenstadt seiner grünen Vizebürgermeisterin, Birgit Hebein, hat der Wiener Bürgermeister nun auch das Leihradsystem – das ebenfalls in Hebeins Zuständigkeit fällt – zur Chefsache gemacht.

Am Mittwoch präsentierte Ludwig nun eine Lösung, wie es mit den bewährten (und international mehrfach kopierten) Citybikes weitergehen wird: Er habe die Wiener Linien damit beauftragt, „so bald wie möglich den Betrieb des gesamten Citybike-Netzes wiederherzustellen“. Mit „so bald wie möglich“ meine er „in den kommenden zwei Monaten“ – also noch vor der Wahl am 11. Oktober.

Keine Einigung mit Gewista 

Er „bedauere“, dass im zuständigen Ressort keine Lösung gefunden wurde. Tatsächlich konnten sich Hebeins Ressort und der bisherige Betreiber der Citybikes, die (private, als SPÖ-nah geltende) Gewista, nicht über die weitere Finanzierung der Leihradstationen einigen.

Da die Citybikes bei den Wienern zwar beliebt sind, sich der Betrieb aber ob der günstigen Leihtarife wirtschaftlich nicht rechnet, wollte die Gewista von der Stadt weitere 1,1 Millionen Euro für den Betrieb von 60 der 121 Stationen, die bisher durch Sponsoren finanziert wurden. (Bei den restlichen 61 Stationen zahlt die Stadt ohnehin schon mit.)

Diesem Wunsch aber wollte Hebeins Ressort nicht nachkommen – unter anderem mit der Begründung, dass die Stadt nicht das Geschäft einer Privatfirma mitzahlen könne – hierfür fehle die Rechtsgrundlage. Als Konsequenz dieser Nichteinigung hat die Gewista ab 13. Juli begonnen, die Citybike-Stationen außer Betrieb zu nehmen – und die Fahrräder zu entfernen. Betroffen sind dabei die älteren Stationen innerhalb des Gürtels. So sind von den 14 Citybike-Stationen im ersten Bezirk nur noch zwei in Betrieb.

„Wir machen das mit den Wiener Linien"

Dass nun die Wiener Linien zum Leihrad-Betreiber werden, ist keine ganz überraschende Neuigkeit: Hebein hatte bereits angekündigt, die Wiener Linien als vorübergehenden Partner gewinnen zu wollen. Ludwig kam diesem Plan nun zuvor. „Ich habe aus den Medien mitbekommen, dass sich die Frau Vizebürgermeisterin eine Lösung mit den Wiener Linien wünscht. Es hätte nichts dagegen gesprochen, wenn sie diese Lösung herbeigeführt hätte.“

Da dies nicht passiert sei, habe nun er eine Entscheidung getroffen: „Wir machen das mit den Wiener Linien“ – und zwar nicht als Übergang, sondern gleich langfristig.

Ludwig wünscht sich nun eine schnelle Wiederinbetriebnahme der gesperrten Stationen, die Wiener Linien sollen aber auch jene Standorte übernehmen, für die es noch einen aufrechten Vertrag mit der Gewista gibt. „Wir werden mit der Gewista sicher eine sinnvolle Lösung finden“, so Ludwig. Ein „Parallelsystem“ habe jedenfalls keinen Sinn. Mittelfristig sollen auch neue Stationen – erstmals auch in Floridsdorf und der Donaustadt – dazukommen, die Stadt werde sich an den (nicht näher genannten) Kosten beteiligen.

Neos: „Peinlicher Streit“

Die Opposition, die den Streit um die Leihräder seit Tagen kritisiert, begrüßte die Lösung – freilich nicht ohne Kritik. Nach einem „peinlichen Streit“, so Christoph Wiederkehr, Spitzenkandidat der Neos, könne sich Ludwig „nun als Retter inszenieren“.

ÖVP-Verkehrssprecher Manfred Juraczka wiederun forderte eine rasche Übergangslösung für die  gesperrten Standorte: "Es kann nicht sein, dass die über 60 Verleihstationen, vor allem im Innenstadtbereich, bis in den Herbst hinein geschlossen bleiben." Prinzipiell sei eine Lösung für das
"peinliche Citybike-Schauspiel" von Rot-Grün längst überfällig
gewesen.

Auch der grüne Koalitionspartner meldete sich zu Wort und reklamiert die Idee für sich: „Wir haben dem Bürgermeister vor 13 Tagen, am 16. Juli, exakt das vorgeschlagen, er hat darauf nicht reagiert“, so Klubobmann David Ellensohn. Insofern hätte man den Fortbestand der Citybikes sofort haben können, anstatt zwei Wochen vergehen zu lassen: "Aber das hat offenbar nicht in die Wahlkampfstrategie der SPÖ gepasst." In der Sache selbst zeigte er sich zufrieden.

Info

Seit 2003 gibt es die  „Citybikes“ in Wien.  Damit war Wien eine der ersten Städte, die ein solches Leihradsystem mit fixen Ausleih- und Rückgabestationen in der Stadt installiert hat.

Betrieben wurden die Stationen - zuletzt gab es 121 - von der privaten Gewista. Die ersten 60 Stationen wurden mithilfe von Sponsoren finanziert, bei den weiteren 61 Stationen war (und ist) die Stadt Wien ab dem Jahr 2010 bei Errichtungs- und Betriebskosten mit an Bord. Die Gewista wollte auch für die ersten 60 Stationen (vorrangig innerhalb des Gürtels) eine Unterstützung der Stadt in der Höhe von 1,1 Mio. Euro - mit dem Ressort von Verkehrsstadträtin Hebein (Grüne) kam es aber zu keiner Einigung. Die 60 Stationen sind seit Mitte Juli außer Betrieb.

500.000 Wiener sind als Citybike-User registriert, rund 90.000 nutzten sie zuletzt regelmäßig. 2019 wurden mehr als zehn Mio. Fahrten mit den Leihrädern registriert.

(APA/mpm )

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