Pizzicato

Die Heulsuse

Daumen rauf, Daumen runter: Was im antiken Rom der Modus vivendi bei „Brot und Spielen“ im Kolosseum war, wo eine imperiale Geste über Tod und Leben entschied und Sklaven zum Gaudium der Römer Raubtieren zum Fraß vorgeworfen wurden, sind in der Ära der digitalen Kaiser im Silicon Valley die Schnellgerichte der sozialen Medien.

Die „Like“-Funktion von Facebook ist längst auch ein Instrument des Mobbings, das ganze Shitstorms auszulösen vermag. Twitter verbannt fragwürdige Tweets in den Orkus, ins digitale Nirwana – eine Frage von „To be or not to be“.

Also sprach neulich der ungekrönte Kaiser der sozialen Medien, der Twitter-Titan im Weißen Haus, wie eine Heulsuse: „Keiner mag mich.“ Fast kam ein wenig Mitleid auf wie bei einem Siebenjährigen, den die Lehrerin auf die Eselsbank gesetzt hat. Was vermutlich die härteste Strafe ist für einen, der sich aufführt wie ein Elefant im Porzellanladen. Was für eine Symbolik: Das Parteilogo der Republikaner ist der graue Dickhäuter, das der Demokraten der Esel.

Verspottet wie Titus Feuerfuchs wegen seiner orangefarbenen Mähne, verhöhnt wegen seiner Großspurigkeit: Alles scheint sich gegen „The Donald“ verschworen zu haben. Das finale Votum steht noch aus. Am 3. November fällt das Elektorat im Wahllokal sein Urteil – und momentan zeigt der Daumen senkrecht nach unten. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2020)

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