Russland: Medwedjews Mediatorin wirft das Handtuch

Russland Medwedjews Mediatorin wirft
Russland Medwedjews Mediatorin wirft(c) AP (Alexander Zemlianichenko)
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Die Kreml-Beauftragte für Menschenrechte, Ella Pamfilowa, gibt Job ab. Sie habe „vieles satt“, soll sie erst vor einer Woche gesagt haben - die Ausweitung der Vollmachten für den FSB etwa.

Moskau.Es war sicher nicht der einflussreichste Posten im russischen Politolymp. Für die Entwicklung der Demokratie und Zivilgesellschaft jedoch hatte er Symbolbedeutung. Seit Freitag nun ist er leer. Ella Pamfilowa hat die Funktion der Kreml-Beauftragten für Menschenrechte zurückgelegt. Sie gehe aus freien Stücken und ohne Druck, sagte die 56-Jährige, die das Amt acht Jahre innegehabt hat. Der Entschluss sei schon länger gereift.

Dass er ohne aktuellen Anlass und ganz freiwillig gefällt worden ist, glauben Beobachter nicht. Sie habe „vieles satt“, soll sie erst vor einer Woche gesagt haben. Zum Überlaufen gebracht hat das Fass unter anderem die Ausweitung der Vollmachten für den russischen Inlandsgeheimdienst FSB. Mit der Unterzeichnung des Gesetzes am Donnerstag erlaubt Präsident Dmitrij Medwedjew den Geheimdienstlern, Bürger „prophylaktisch“ zu Gesprächen vorzuladen. „Es ist die Wiedergeburt der schlimmsten und ungesetzlichen Praktiken eines totalitären Staates“, erklärte Pamfilowas Gremium dazu.

„Aufgespießte“ Oppositionelle

Die entscheidende Enervierung freilich dürfte Pamfilowa durch die vom Kreml hochgezogene Jugendorganisation „Naschi“ („Die Unsrigen“) erfahren haben. Sie habe Angst, dass „solche Leute an die Macht kommen“, hatte Pamfilowa vor Kurzem gesagt, nachdem „Naschi“-Aktivisten Bilder mit Köpfen von Menschenrechtlern und Oppositionellen auf Pfähle aufgespießt hatten. „Machthaber wie auch Oppositionelle wollten Pamfilowa ständig auf ihre Seite ziehen“, erklärt der Moskauer Politologe Alexej Makarkin: „Zwischen ihnen wurde sie aufgerieben.“

Obwohl Menschenrechtsaktivisten hofften, dass Medwedjew den Rücktritt nicht annehmen werde, tat er dies Freitagabend. Als Nachfolgekandidat wird der renommierte Ökonom Alexandr Ausan genannt, der sich aber noch nicht entschieden hat. „Für die russische Zivilgesellschaft ist es ein wichtiges Zeichen, wie Medwedjew reagiert“, sagt Makarkin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2010)

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