Forschungsfrage

Sollte man Elektrogeräte bei Gewitter ausstecken?

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Symbolbild.(c) imago images/Shotshop
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Blitzschläge lassen die elektrische Spannung „blitzartig“ ansteigen. Ohne entsprechenden Schutz brennt die Heimelektronik durch.

Was früher gang und gäbe war, ist heute kaum noch verbreitet: Wer bei heranrollendem Donner die Geräte vom Netz nimmt, wirkt etwas altmodisch. Doch sind die digitalen Helfer der heutigen Zeit nicht besonders gefährdet, fragt ein „Presse“-Leser. Sollte man nicht lieber doch den Stecker ziehen, um Handy und Computer zu schützen?

„Unsere Elektronik ist auf eine bestimmte Nennbetriebsspannung ausgelegt, in der Regel sind das 230 Volt“, so Peter Zeller, Hochspannungstechniker an der FH Oberösterreich. Blitze haben Stromstärken von bis zu mehreren Hunderttausend Ampere: „Rund um den Blitzkanal bildet sich so ein Magnetfeld, das sich sehr rasch ändert, da der Blitzstrom in Millionstelsekunden zu seinem Scheitelpunkt ansteigt. Das wiederum induziert in den Stromleitungen des Wohnhauses eine hohe Spannung“, so Zeller. Auch über das Stromnetz kann eine erhöhte Spannung ins Haus gelangen, wenn der Blitz in der Nähe einschlägt.

»„Wenn man Pech hat, werden Handys, Laptops und Bildschirme unbrauchbar.“«

Peter Zeller, FH Oberösterreich



Gegen hohe Überspannungen sind moderne Geräte durch den Einbau von sogenannten Überspannungsableitern gewappnet. Sind diese nicht vorhanden oder der Überspannungsschutz in der Hausinstallation unzureichend ausgeführt, kann es bei Blitzschlag zum Überschreiten der Isolationsfähigkeit der Geräte oder ihrer Elektronik kommen. Der Strom fließt dorthin, wo er nicht hinsoll. Schaltkreise brennen durch, das Gerät ist defekt. „Bei alten Röhrenfernsehern konnte man noch einzelne Schaltkreise austauschen und den Apparat retten. Heute sind oft viele Bauteile fest vergossen und damit nicht tauschbar. Wenn man Pech hat, werden Handys, Laptops und Bildschirme unbrauchbar“, erklärt der Forscher. Durch enge Kontakte zu Installateuren in der Region hört er oft von solchen Schäden.

Auf Prüfzeichen achten

In seinem Blitzlabor testet Zeller mit Studierenden des internationalen Studiengangs Electrical Engineering die Wirkung von Blitzen mit einer Spannung von bis zu einer Million Volt, die Ergebnisse fließen in internationale Normen ebenso wie in den angewandten Blitzschutz ein. Viele Haushalte haben diese effektive Gegenwehr bereits verbaut. Neubauten etwa müssen mit einem zentralen Überspannungsschutz versehen werden, welcher bereits vor dem Stromkreislauf des Hauses Überspannungen abfängt. Auch Computer-Steckdosenleisten können Abhilfe schaffen, sofern sie speziell ausgeführt und zertifiziert sind, etwa mit einem ÖVE-Prüfzeichen.

Sinnvoll ist darüber hinaus ein klassisches Ableitsystem, welches dem Blitz einen bevorzugten Einschlagspunkt bietet und die Energie in die Erde sicher ableitet. „Der sollte unbedingt von Profis geplant werden. So ein äußeres Blitzschutzkonzept ist dringend zu empfehlen, wenn man Dachinstallationen wie eine Fotovoltaikanlage anbringt“, sagt Zeller.
Derzeit und künftig sorgen auch klimatische Veränderungen für mehr Einschläge. Die globale Erwärmung erhöht die Energie in der Atmosphäre, sodass regional mehr Gewitter entstehen. Gleichzeitig sinkt die Wirksamkeit der Erdungssysteme durch das Austrocknen der Böden. Zeller: „Der Regen dieses Jahr wird den Systemen helfen, doch sollte man Blitzschutzanlagen unbedingt regelmäßig überprüfen.“ [ Foto: Privat]

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2020)

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