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SV Mattersburg: Wer seinem Bauchgefühl folgt

(c) APA/ROBERT JAEGER
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Stehen tatsächlich drei Investoren beim SV Mattersburg ante portas oder sind es bloß grün-weiße Hoffnungsschimmer, ehe am 6. August das Ultimatum der Bundesliga ausläuft?

Mattersburg. Geht es nach Rudolf Novotny, dem Vertreter der Profi-Gewerkschaft VdF im Bundesliga-Strafsenat 5, dann habe das „wirtschaftliche Modell des SV Mattersburg funktioniert“. Haare in der Suppe könne man bei jedem und jederzeit finden. Doch bei den Burgenländern hätte es nie, noch nie, so Novotny, eines gegeben.

Der Senat 5 muss am 6. August die Entscheidung treffen, ob der SVM in der ersten Liga bleibt oder ihm wegen verfehlter Kriterien (Auskunft über Finanzlage, Sanierungsverfahren) die Lizenz verweigert wird. Beim Zehnten der abgelaufenen Saison laufen alle Drähte heiß. Angeblich soll es bereits drei potenzielle Investoren geben:

► Nedeljko Malić: Er spielte 15 Jahre lang in der Innenverteidigung und galt als „Lieblingsschüler“ von Präsident Martin Pucher. Der Bosnier ist nicht nur Fußballer, sondern auch Diplomingenieur und studiert derzeit Bodenkultur. Sein Schwiegervater steht einem großen Energieversorger vor.

► Chien Lee: Dem chinesisch-amerikanischen Industriellen gehören bereits FC Thun, FC Ostende, FC Nizza und Barnsley – der Verein, den Trainer Gerhard Struber soeben in der englischen Championship gerettet hat. Mattersburg soll, schenkt man Gerüchten Gauben, in sein „Portfolio“ passen – vor allem ob der Nähe zu Ungarn.

► Lörinc Mészáros: Wenn man von Ungarn spricht, fällt immer der Name Viktor Orbán. Der Premier ist fußballbegeistert, und nun sollen, laut „Standard“, seine linke und rechte Hand in Mattersburg bereits vorstellig geworden sein. Der Medientycoon war Bürgermeister in Orbáns Heimatort Felcsút, leitete auch den dortigen Klub. Er interessiert sich jedoch wohl vorrangig für die nahe Akademie.

Am 6. August ist die Deadline, und das sei gut so, findet nicht nur Novotny. Der Termin – einen Monat vor dem Saisonstart (11. September) – biete die Chance für Planungssicherheit. Das wird man bei WSG Wattens mit Wohlwollen vernehmen, der eigentliche Absteiger würde den Platz der Mattersburger übernehmen und hängt derzeit im Niemandsland fest. Vor dem Bekanntwerden der Malversationen in der Commerzialbank, deren Chef Martin Pucher war, sei der Verein in Sachen Lizenz stets ein Musterschüler gewesen. „Er hat nie ein Lizenzproblem gehabt, es gab nie ein Liquiditätsproblem.“

Kritik am Senat 5 und am Prozedere der Bundesliga wies Novotny zurück. „Das ist schon ein Prüfverfahren mit Qualität. Wenn dich einer täuscht und kriminelle Energie da ist, dann wird es der auch schaffen, dich zu täuschen.“ Die Sorgen der Liga seien längerfristig zu betrachten, man wolle Klarheit. Wie sehe es jetzt aus, wie in sechs Monaten? Vor allem: Der Insolvenzverwalter der Commerzialbank wird irgendwann Forderungen an den Verein stellen. Die gelte es in der Bilanz rückzustellen.

Drei Millionen Euro

Gernot Zirngast, Vorsitzender der Fußballervereinigung, sieht den Einstieg von Investoren beim existenzbedrohten Klub gelassen. „Ohne Investor wird es nicht gehen“, meinte Zirngast. „Man hat es in Klagenfurt gesehen, dass es funktionieren kann.“ Dort hatte Anfang 2019 eine Gruppe um den Deutsch-Kroaten Tomislav Karajica die Klagenfurter Austria übernommen und binnen Kurzem von einem Problemfall zu einem Musterschüler geformt. Dass es rasch eine Lösung geben muss, sei klar: „Die Spieler, die jetzt beim Verein unter Vertrag sind, wollen Klarheit haben“, erklärte er. Und alle anderen auch – zum Gedeih der Liga.

Die Liga jedenfalls hat einen finanziellen Schaden in Zusammenhang mit der Commerzialbank vermieden. Laut einem Bericht des ORF-Wirtschaftsmagazins „Eco“ waren bis zum Frühjahr 2019 mehr als drei Millionen Euro bei der nun geschlossenen Bank veranlagt. Auf Anraten von Aufsichtsrat Christian Jauk, er ist auch Präsident bei Sturm Graz, wurde das Geld jedoch abgezogen und bei „systemrelevanten Banken“ angelegt.

„Es war so ein Bauchgefühl. Wenn eine Bank so hohe Einlagenzinsen anbietet, muss sie das auch verdienen. Das Geschäftsmodell war nicht so, dass ich ihr das so locker zugetraut hätte“, sagte der Bankmanager Jauk. „Ich warnte davor, dass man Geld konzentriert bei einer kleinen Regionalbank veranlagt, die weit über dem Schnitt Einlagenzinsen anbietet.“

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer bestätigte die Finanzanlage. Hinweise jedoch, dass auch bei der finanziellen Situation des Klubs etwas nicht stimmen könne, gab es keine. „Nach meiner Kenntnis waren überhaupt keine Ungereimtheiten da. Der Wirtschaftsprüfer des Vereins stellte stets das Testat aus samt der positiven Fortbestandsprognose.“ (fin)
Causa Commerzialbank Seite 15

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2020)

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