Kulturgeschichte

So göttlich wie Max Reinhardt

Proben zum „Jedermann“ 1931: Max Reinhardt galt als großer Schweiger und akribischer Zuhörer. Er hatte Charisma. Er liebte seine Schauspieler und sie ihn.
Proben zum „Jedermann“ 1931: Max Reinhardt galt als großer Schweiger und akribischer Zuhörer. Er hatte Charisma. Er liebte seine Schauspieler und sie ihn.(c) Atelier Balassa/Ullstein/Getty
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Weihrauch umweht die Festspielgründer. Aber wer wird heute heiliggesprochen in der Kunst? Oder haben wir uns von glühender Verehrung abgewendet?

Gott tritt in Salzburg jedes Jahr leibhaftig auf. Beinahe. Früher war er nur eine Stimme, jene des Burgschauspielers Ewald Balser, sie erklang noch, als Balser längst tot war. Hofmannsthals „Jedermann“ startet im Jenseits, „Gott der Herr“ beklagt die Sünden der Menschen: „Ihr Trachten geht auf irdisch Gut allein!“ Manches hat sich Hofmannsthal von Goethes „Faust“ abgeschaut, auch den Prolog im Himmel. In ihrer im mittelalterlichen Salzburg angesiedelten „Jedermann“-Version ließen Brian Mertes und Julian Crouch ein Kind Gott spielen.

In Michael Sturmingers Inszenierung, die wieder ab heute, Samstag, auf dem Domplatz zu erleben ist, kommt Gottes Stimme vom Band. Die Message wirkt atheistisch, Gott, Tod und der Spielansager sind mit derselben Person besetzt: Peter Lohmeyer.

Das barocke Ambiente, die vielen Kirchen, bringen es mit sich, dass Salzburg eine Stätte des Heiligen ist, das gilt auch für die Festspiele. Ihre Gründer umgibt ein sakraler Nimbus: Max Reinhardt, Hofmannsthal, Richard Strauss. Bis zu Herbert von Karajan hielt sich die quasireligiöse Verehrung. Doch mit Gerard Mortier war sie vorbei, der süffisante Belgier, der das Festival umkrempelte, nicht immer zur Freude der Musikfreunde, passte schlecht auf ein Podest, eher auf eine Kanzel, als Prediger eines neuen Stils.

Wer sind Salzburgs Götter heute? Der Weihrauch hat sich verzogen, nicht nur viele Menschen glauben nicht mehr an Gott, in der Kultur ist der Einzelne austauschbarer geworden, das Ganze, das Gesamtkunstwerk zählt.

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