Eigenmittelbeschluss

Chancen neuer EU-Geldquellen schwinden

(c) REUTERS (Yves Herman)
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Keine neuen Eigenmittel in Vorschlag des deutschen EU-Ratsvorsitzes.

Brüssel. Der vor zwei Wochen von den Staats- und Regierungschefs beschlossene EU-Wiederaufbaufonds im Ausmaß von 750 Milliarden Euro wird nach derzeitigem Stand der Dinge nicht von neuen unabhängigen Einnahmequellen der Union begleitet werden. Der deutsche EU-Ratsvorsitz legte bei der Sitzung der EU-Botschafter am Mittwoch in Brüssel einen Vorschlag für den formalen Beschluss des Rates über die Eigenmittel der Union vor, der mit Ausnahme der seit Monaten fixierten Plastikabgabe keine neuen Quellen enthält.

Das ist politisch brisant. Denn die EU fällt diesen Eigenmittelbeschluss stets im Hinblick auf ihre siebenjährige Finanzperiode. Die nächste beginnt am 1. Jänner 2021. „Was auch immer nicht im Eigenmittelbeschluss ist, sobald er angenommen ist, wird nur sehr unwahrscheinlich das Licht des Tages erblicken, bevor der Eigenmittelbeschluss das nächste Mal im Jahr 2027 neu gefasst wird“, kommentierte dies der Ökonom Lucas Guttenberg vom Thinktank Delors Centre in Berlin am Freitag.

Dabei geht es um eine Digitalsteuer, einen Anteil an den bestehenden Einnahmen aus dem Handel mit Emissionszertifikaten sowie um eine Abgabe auf Importe aus Staaten, die weniger strenge Klimaziele verfolgen als die EU.

Höhere EU-Beiträge drohen

Zwar ist es möglich, dass die nationalen Regierungen sich in sieben Jahren auf die Einführung dieser Eigenmittel einigen werden. Das wäre auch notwendig, um zu verhindern, dass ab dem Jahr 2028 die Mitgliedsbeiträge aus den nationalen Haushalten stark steigen. Denn ab 2028 muss die Europäische Kommission die 390 Milliarden Euro an Transfers aus dem Wiederaufbaufonds namens Next Generation EU zurückzahlen, die sie ab nächstem Jahr mittels Anleihen eintreibt. „Nur eine Kristallkugel könnte das beantworten. Und ich habe keine“, sagte eine Kommissionssprecherin auf die Frage der „Presse“, ob die Mitgliedsbeiträge ab 2028 steigen werden, wenn es keine neuen Eigenmittel gibt. Hinsichtlich deren Einführung sei die Kommission „weder optimistisch noch pessimistisch, sondern entschlossen“. (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2020)

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