Als der Kanzler Ende März warnte, dass jeder bald jemanden kennen werde, der an Covid stirbt, habe man gewusst, dass das nicht plausibel sei, sagt Komplexitätsforscher Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH).
Die Presse: Am 30. März sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass jeder in Österreich bald jemanden kennen werde, der an Covid gestorben sein wird. Haben Sie das auch geglaubt?
Peter Klimek: Mitte März, als bei uns die Fälle exponentiell anstiegen, gab es zwei Szenarios: In China flachte die Kurve sehr schnell wieder ab, in Italien gingen die Neuinfektionen trotz extrem scharfer Maßnahmen nur sehr langsam zurück. Die Frage war: Sind wir eher China oder Italien? Das war einige Zeit offen. Ende März war jedoch klar, dass der Höhepunkt der Ausbreitung überschritten ist, die Kurve abflacht und wir im Gesundheitssystem keine Kapazitätsprobleme haben werden. Letzteres wurde damals auch in einer Pressekonferenz kommuniziert.
Haben Sie Kurz nun geglaubt?
Zu dem Zeitpunkt war klar, dass das kein plausibles Szenario für die nächsten Wochen und Monate ist. Aber im Bundeskanzleramt gab es bekanntlich auch andere Szenarien, die quasi pädagogisch aufzeigen wollten, was passiert wäre, wenn wir gar nichts getan hätten.