Das Glück eines erfolgreichen Betriebs mit Nachfolge innerhalb der eigenen Familie haben nicht alle Fleischhauer in Österreich.
Nachfolge

Familiensache: Wer will heute noch Fleischhauer werden?

In den vergangenen Jahren ist sowohl die Zahl der Fleischerlehrlinge als auch jene der Betriebe stark zurückgegangen. Trotzdem praktizieren viele Fleischhauer ihr Handwerk nach wie vor erfolgreich und mit Leidenschaft.

„In der Früh mit einem Stück Fleisch anfangen und zu Mittag aufhören und was essen können. Das ist Genuss pur.“ Mit diesem Enthusiasmus beschreibt Fleischhauerin Doris Steiner ihre Faszination für ihr Handwerk. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie einen Familienbetrieb im niederösterreichischen Sollenau. Doris Steiners Nachfolge ist bereits geklärt, denn ihr Sohn Martin wird den Betrieb gemeinsam mit seiner Freundin Vivien übernehmen. Martin Steiner hat sich selbst dazu entschieden, das Handwerk der Eltern zu erlernen: „Wir wollten eigentlich, dass der Junior die Schule in Hollabrunn macht. Er bestand aber darauf, die Doppellehre Fleischer und Einzelhandelskaufmann zu machen, und hat vor drei Jahren sogar die Meisterprüfung absolviert. Mittlerweile sind wir froh, dass er das Handwerk von der Pike auf gelernt hat.“

Das Glück eines erfolgreichen Betriebs mit Nachfolge innerhalb der eigenen Familie haben nicht alle Fleischhauer in Österreich. In vielen Familienbetrieben will die jüngste Generation lieber etwas anderes machen, da junge Menschen heute oft mehr Freiheiten haben als in früheren Generationen. „Früher war klar: Der älteste Sohn muss den Laden übernehmen. Heute ist das zum Glück nicht mehr so streng“, sagt Anka Lorencz, Geschäftsführerin der Bundesinnung für Lebensmittelgewerbe. Junge Erwachsene würden vermehrt Berufe anstreben, die eine digitale Komponente haben. „Körperliche Arbeit ist halt analog“, sagt Lorencz. Auch die Zahl der Fleischerlehrlinge ist stark gesunken. Im Jahr 2011 machten in Österreich noch 502 Jugendliche eine Fleischerlehre, 2019 waren es noch 318. In der Marktgemeinde Sollenau gab es einmal drei Fleischhauer, die von ihrem Geschäft leben konnten. Mittlerweile sind die Steiners die einzigen hier.

Ein veraltetes Image. Der Beruf des Fleischhauers hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert, das gesellschaftliche Bild sei allerdings immer noch sehr veraltet. „Heute geht kein Mensch mehr mit der Sau auf der Schulter spazieren“, meint Lorencz. Laut Familie Steiner müsse man den Beruf transparenter darstellen. „Man muss sehen: Das ist kein blutiger Knochenjob wie früher, mittlerweile arbeitet man viel mit Maschinen“, sagt Sohn Martin Steiner. „Die Kreativität des Fleischers gehört viel mehr hergezeigt“, meint Doris Steiner.

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