Ateliertheater

Alte Bühne, neuer Anfang

Aleksandra Andrejewna und Talita Simek haben das Theater zwei Jahre lang geführt.
Aleksandra Andrejewna und Talita Simek haben das Theater zwei Jahre lang geführt.(c) die Presse (Carolina Frank)
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Die Leiterinnen müssen wegen der Coronakrise schließen. Das Theater hat eine bewegte Geschichte hinter sich – und sucht nun neue Betreiber.

Schon lang wurde das Ende für viele Kleinbühnen durch den Lockdown prophezeit. Jetzt fordert die Coronakrise erste Opfer in der Szene: Die Leiterinnen des Ateliertheaters sperren zu. Auf Facebook kündigten Talita Simek und Aleksandra Andrejewna an, das kleine Theater im siebten Bezirk zu schließen. „Für viele ist die Nachricht dann doch überraschend gekommen,“ erzählt Simek. „Aber wir haben uns das lang überlegt.“ Nun müsse man „schweren Herzens Abschied nehmen“.

Ohne Förderungen und Subventionen hätten sie zweieinhalb Jahre das Theater in der Burggasse geführt. Nur einzelne Künstler hätten am Haus Projektförderungen bekommen, nicht aber das Ateliertheater selbst. „Die Coronakrise hat jetzt quasi einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die finanzielle Erhaltung des Theaters war für uns einfach nicht länger möglich“, so Simek. Und: „Rein von Idealismus können wir halt auch nicht überleben.“

Das Theater, das lang als eine der Avantgardebühnen der Stadt galt, soll aber erhalten bleiben. Derzeit suchen Simek und Andrejewna Interessenten, die übernehmen wollen. „Und wir sind auch schon in Kontakt.“ Denn der Hausverwaltung sei es ein Anliegen, dass im Haus auch weiterhin ein Theater oder eine andere Kulturstätte erhalten bleibt. Und Simek ist zuversichtlich, dass sich ein neuer Theaterbetreiber findet. „Das Ateliertheater hatte immer viel Fluktuation“, sagt Simek. „Es wechselte schon oft seine Besitzer und Besitzerinnen.“ Und auch seinen Standort.

„Burgtheater der Kleinbühnen“

1932 eröffnete das Theater unter dem Namen „Literatur am Naschmarkt“ – einen Ruf als „Burgtheater unter den Wiener Kleinkunstbühnen“ soll es gehabt haben, so die Leiterinnen. In den 1950er-Jahren wandelte Regisseur Hellmuth Matiasek das Theater dann zum avantgardistischen „Kaleidoskop“. Und kurze Zeit später änderte der neue Leiter Veit Relin den Namen auf „Ateliertheater“.

1967 übernahm Peter Janisch, der Intendant in Niederösterreich und Wien war und später den Theaterpreis Raimund-Ring für sein Schaffen erhielt. Er führte das Ateliertheater fast 40 Jahre lang. In dieser Zeit traten dort Schauspieler wie Elisabeth Orth auf, und Janisch nahm etwa Stücke des polnischen Schriftstellers Witold Gombrowicz auf den Spielplan. Dann musste das Theater allerdings einer Tiefgarage weichen – vor 21 Jahren ließ es sich schließlich in der Burggasse 71 nieder.

Der Standort blieb seitdem, doch es folgten noch einige weitere Besitzerwechsel: Nachdem Manfred Tscherne das Theater acht Jahre lang geleitet hatte, stand es nach dessen Pension vor dem Aus. Schauspielerin Nina C. Gabriel und der Künstler Ludwig Drahosch ließen daraufhin das Haus generalsanieren. Dabei, 2010, wurde übrigens auch das Portal des Theaters aus den 1950er-Jahren originalgetreu nachgebaut, 2013 wurde das Haus von Gabriel und Drahosch als „Ateliertheater reloaded“ wiedereröffnet. Aber nur wenige Jahre später, 2015, suchten auch sie wieder neue Pächter – und Andrejewna übernahm. Ab dem Frühjahr 2018 leitete sie mit Simek die Bühne als Ateliertheater Verein. Auf eine schöne, aber auch sehr fordernde Zeit blicke Simek nun zurück. „Wir haben alles zu zweit gemacht – vom Marketing bis zur Bedienung hinter der Bar.“

Auswirkungen der Krise

Vorstellungen wird es nun keine mehr geben. Vielleicht eine Abschiedsfeier, im kleinen Rahmen. „Jetzt im Sommer ist es sowieso schwierig, Theater zu machen.“ Dass das Ateliertheater das einzige Opfer in der Kleinkunstszene bleibt, bezweifelt Simek. Selbst wollen Simek und Andrejewna, eine Schauspielerin und eine bildende Künstlerin, der Kunst verbunden bleiben. Simek: „Nach meiner Schauspielausbildung blieb wegen des Theaters kaum Zeit, um selbst zu spielen – nun möchte ich versuchen, Fuß zu fassen.“

Auf einen Blick

Das Ateliertheater in der Burggasse übernahmen Talita Simek und Aleksandra Andrejewna 2018. Sie planten eine Avantgardebühne, um zu den Ursprüngen des Theaters zurückzukehren: Auf Berliner Art, mit Performances, Ausstellungen und Vorträgen. Eigenproduktionen hat es dort zuletzt kaum gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2020)

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