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Dieses Supergirl ist nicht totzukriegen

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Iris Berbens neuer TV-Film „Nicht tot zu kriegen" ist eine Hommage zu ihrem 70er. Sie begegnet dem Alter mit Würde und Selbstironie. Heute im ORF-TV.

„Ich bin auf dem dritten Planeten des Systems Alpha Centauri geboren“, flötet die schöne Unbekannte. „Bei uns herrschen ähnliche Lebensbedingungen wie hier auf der Erde. Wir sind euch vielleicht 50 Jahre voraus. Oder hundert.“ Als geheimnisvolles „Supergirl – Das Mädchen von den Sternen“ verdrehte Iris Berben 1971 den Männern den Kopf. In ihrem neuen Fernsehfilm stelzt sie mit Pelzmantel und Sonnenbrille durch den Supermarkt und freut sich riesig, wenn ein älterer Herr sie um ein Autogramm bittet.

Als Simone Mankus gibt Berben in „Nicht totzukriegen“ (heute, 20.15 Uhr, ORF 2) eine ausrangierte Diva, die von einem Stalker bedroht wird. Abends, wenn sie allein auf dem Sofa sitzt, schenkt sie sich Hochprozentiges ein und schaut ihre alten Filme an. „Supergirl“ zum Beispiel. Auch Mankus' Stalker schwelgt in filmischen Erinnerungen an sein Idol, dem er nicht verzeihen kann, dass es altert. So wie er.

Mit fragiler Würde gegen den Totalabsturz

Autorin und Regisseurin Nina Grosse (die mit Berben auch die Miniserie „Die Protokollantin“ drehte, die ab 11. August in ORF 2 läuft) lässt über diese Filmeinspielungen Fiktion und Realität verschwimmen. In Franz Doblers Romanvorlage „Ein Schlag ins Gesicht“ geht es um einen ehemaligen Pornostar. Grosse macht aus der Protagonistin eine alternde Schauspielerin – und hat sie Iris Berben, die am 12. August ihren 70er feiert, auf den Leib geschrieben. Eine wunderbare Charakterrolle, die die Berben mit der fragilen Würde einer gegen den Totalabsturz kämpfenden, stolzen Frau gibt – und mit charmanter Selbstironie.

Bei Simone Mankus liegen nicht nur wegen des Stalkers die Nerven blank. Ihr Sohn und Agent liegt mit ihr im Dauerclinch und will sie an die „Promihütte“ verscherbeln, eine Art Dschungelcamp in den Bergen. Schauspielaufträge gibt es keine mehr. Ihre unzähligen Affären sind längst vorbei. In die Klatschpresse schafft sie es nur noch, wenn man ihr ein Techtelmechtel mit dem Bodyguard andichtet. Und dass Mankus sich einen Traum erfüllen und ein Konzert geben will, wird von ihrem Umfeld mit Hohn und Zweifel quittiert. Der Stalker flüstert es mit unheimlich verzerrter Stimme ins Telefon: „Du warst perfekt. Du warst ein goldenes Mädchen. Jetzt bist du alt.“

Wortkarger Verehrer: Murathan Muslu

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Ist sie das? Auf dem Papier vielleicht. Aber Mankus/Berben sieht blendend aus – und sie gibt sich nicht geschlagen. Statt sich im Haus zu verkriechen, heuert sie einen Bodyguard an. Murathan Muslu gibt Robert Fallner zunächst den Charme eines Einsiedlerkrebses: wortkarg, introvertiert und eigentlich nicht interessiert, das „Kindermädchen für diese dämliche Promi-Tussi“ zu spielen, wie seine Freundin es  ausdrückt.

Nur: Dämlich ist die Mankus nicht. Eine Tussi? Vielleicht. Aber auch eine Frau, die durch ihre Erfahrungen nicht verbittert, sondern reif geworden ist. Gleichzeitig wirkt sie in vielen Momenten verblüffend jung und unverbraucht. Immer wieder flackert ein Hauch von Supergirl, eine Ahnung von Hippie-Vergangenheit auf: „We are stardust, we are golden“, singt Joni Mitchell. Als Fallner seine Klientin auffordert, den Lockvogel zu spielen, tanzt sie zu Blondie durchs Wohnzimmer: „Ich liebe Debbie Harry. Wenn es eine Frau gibt, die mir Mut gemacht hat, dann sie.“ Es macht den Reiz dieses Filmes aus, dass man nicht weiß, wo die Realität aufhört und die Fiktion anfängt. „Ich bin eine Rampensau“, sagt sie.

Fallner beginnt, sich für diese wunderbare Frau zu interessieren. Es knistert. Unglaubwürdig oder peinlich wirkt das trotz des Altersunterschieds nicht. Denn Berben wie Muslu spielen großartig. Beide zeigen, wie man eine Figur ohne zu outrieren mit Tiefgang und Feingefühl ausstatten kann.

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