75 Jahre nach dem ersten Atombombenabwurf glauben mehr als drei Viertel der Überlebenden nicht mehr an die Macht von Erinnerung und Mahnung. Viele Gedenkveranstaltungen wurden wegen Corona abgesagt.
Man muss die nüchternen Fakten akzeptieren. 75 Jahre sind vergangenen, seit die „Sonne auf die Erde fiel“ und in Hiroshima bis zu 140.000 Menschen bei 6000 Grad Hitze verglühten. Weitere Ungezählte verbrannten in ihren eingestürzten Häusern oder starben im Laufe der Zeit elend an radioaktiver Strahlung. Man schätzt, es sind bis heute mehr als 200.000 Opfer. Nur noch 4700 Zeitzeugen des atomaren Grauens von Hiroshima am 6. August 1945 und Nagasaki drei Tage später sind am Leben. Corona nimmt vielen von ihnen die vermutlich letzte Chance, auf großer Bühne vor dem nuklearen Schrecken zu warnen.
Die meisten Gedenkveranstaltungen mussten in diesem Jahr aus Angst vor der weiteren Verbreitung der Pandemie abgesagt oder erheblich reduziert werden. Auch Prominente sind von der Coronasperre betroffen, so UN-Generalsekretär António Guterres. Bürger mit Wohnsitz in den USA dürfen bis auf Weiteres wegen der Pandemie nicht nach Japan einreisen. Für den Chef der Vereinten Nationen hätte Tokio eine Ausnahme gestattet, aber nicht ohne zwei Wochen Quarantäne – beim besten Willen nicht machbar.