Coronagespräche

Weber + Weber: "Es darf nicht nur um Profit, Wachstum und Umsatz gehen"

Porträt
PorträtJoachim Baldauf
  • Drucken

Christian und Manuel Weber durch die Pandemie bestärkt, weiter auf Nachhaltigkeit zu setzen. Außerdem begrüßen sie eine Entschleunigung der Mode.

Christian und Manuel Weber gründeten 2015 ihr Label Weber + Weber, welches für traditionelle Handwerkskunst gepaart mit puristischem Design steht. Gefertigt wird alles aus qualitativ hochwertigen Materialien in kleinen Manufakturen in der Nähe von Venedig.

Wie gehen Sie mit der derzeitigen Situation um?

Die Pandemie hat uns persönlich sehr bewegt, da alle unsere Manufakturen, die für uns produzieren, in Italien sind. Es gibt fast niemanden, der nicht einen lieben Menschen verloren hat. Wir kennen Menschen, die keinen Platz im Spital bekommen haben, und nur deshalb ihr Leben verloren haben. Gerade darum ist uns unser Geschäftsmodell so wichtig: Es darf im wirtschaftlichen Leben nicht nur um Profit, Wachstum und Umsatz gehen, sondern auch, darum welche nachhaltigen Werte ein Unternehmen schafft. Die Pandemie hat uns bestärkt, auch weiterhin gegen den Strom zu schwimmen und nicht nur die Zahlen in der Bilanz anzusehen.

Wie kann es in der Mode weitergehen, was wird sich Ihrer Meinung nach verändern?

Wir machen Bekleidung und keine Mode. Das ist unser Motto. Es ist nicht nur das streben nach Marktanteilen, Umsätzen und Gewinnen sondern für uns sind auch Innovation, Neuentwicklung, und die Kreation von zeitlosem, schönem Design ein wichtiger Faktor. Alle große Namen der Mode prägten in der jeweiligen Zeit einen Stil. Umsatz und gute Verkaufszahlen freuen uns natürlich und geben uns Feedback, dass unsere Kreationen den Geschmack der Kunden treffen. Mode soll aber auch weiterhin ein Statement bleiben, mit dem jeder von uns Eindruck hinterlässt, deshalb hoffen wir sehr, dass sich die Branche entschleunigt und dadurch mehr Zeit für Kreation und Innovation entsteht.

AW Kollektion
AW KollektionVratko Barcik

Geschäfte dürfen jetzt wieder offen halten, ist das eine Erleichterung? Können Sie schon abschätzen, wie sich die Situation entwickelt? Wie steht es um Öffnungszeiten, Umsatz, Kundenzuspruch?

Wir haben unsere Sartoria Wien im Juni mit zweimonatiger Verspätung eröffnet, sehen aber großes Interesse der Kunden an unserem Produkt, da es kein Ablaufdatum hat. Unser Geschäft basiert auf persönlichen Terminen. Das wird sehr gerne angenommen und passt sehr gut in die heutige Zeit.

Sartoria Wien
Sartoria WienTheresa Bentz

Ein weiteres Standbein ist der Verkauf an Multi Label Shops. Hier gab es früher kritische Blicke, ob eine Marke mit unserer Philosophie der Wertigkeit, Schönheit und Langlebigkeit passend ist. Heute sind diese Kritiker aber froh, uns im Sortiment zu haben, da gerade hier eine große Nachfrage herrscht und die Ware trotz des Lockdowns nicht an Wert verloren hat.

Welche Art von Unterstützung würde Ihnen jetzt besonders helfen, bekommen Sie Unterstützung aus einem der Hilfsfonds?

Wir haben eine Überbrückungsfinanzierung beantragt, diese wurde auch genehmigt. Das hilft extrem bei der Finanzierung unserer Produktion und Sicherstellung der Arbeitsplätze aller für uns arbeitenden Manufakturen. Großen Dank gilt hier unserer Hausbank, die uns Vertrauen schenkte und uns in dieser schwierigen Zeit unterstützt.

Kann die Krise auch eine Chance für eine positive Entwicklung darstellen? Wie könnte diese aussehen?

Jeder Tag, jede Kollektion und jede Krise ist immer eine Chance etwas besser zu machen und hinterlässt Spuren. Wir sollten immer hinterfragen, was wir den nach uns folgenden Generationen hinterlassen. Wir würden uns wünschen, dass wir alle öfters an das Wohlergehen der Menschen, der Umwelt und der Welt auf der wir leben, denken. Ein bisschen mehr „Wir“ und ein bisschen weniger „Ich“ würde uns allen gut tun.

Da stellt sich mir auch gleich die Frage: Ist es nicht besser, ein qualitativ gutes, nachhaltig genähtes Sakko, welches mit Freude produziert wurde und auch morgen noch schön ist, im Kleiderschrank zu haben? Oder müssen es wirklich drei Stück sein?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Porträt: Nada Nasrallah and Christian Horner
Coronagespräche

Soda: "Die Erfahrung macht uns bewusster und kritischer"

Für die beiden Designer Nada Nasrallah und Christian Horner ist die Krise auch eine Chance, neue Dinge auszuprobieren und grundsätzlich zu hinterfragen.
Porträt: Jürgen Christian Hörl
Coronagespräche

Jürgen Christian Hörl: "Wir brauchen eine grüne Revolution"

Warum Mode in die Verantwortung genommen wird und wie das Coronavirus eine Chance für eine positive Entwicklung sein könnte.
Porträt: Karin Oèbster
Coronagespräche

Kayiko: "Mode hat sehr viel mit positiver Stimmung zu tun"

Warum die Lust auf Farbe gestiegen ist, die Stammkunden aber zurückhaltend einkaufen, erzählt Karin Oèbster vom Label Kayiko.
Stephan Vary
Coronagespräche

Labvert: "Ein Ort muss sämtliche Sinne ansprechen"

Stephan Vary vom Architektur- und Designstudio Labvert über die Grenzen des Home-Office und neue Designkonzepte, die Social Distancing und Hygienekonzepte schon miteinbeziehen.
Porträt: Marco Dessi
Coronagespräche

Marco Dessi: "Der kreative Prozess ist ein einsamer"

Das Coronavirus hat auch die Design-Branche destabilisiert, doch für Marco Dessi hat sich trotzdem wenig geändert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.