Kolumne zum Tag

Urlaub unter Rittern

(c) imago images/Panthermedia (NomadSoul via www.imago-images.d)
  • Drucken

Excalibur! Ein dramatisch begabter Bub im Zug inspiriert uns zu heroischem Gehabe.

So ein Urlaub in Österreich kann abenteuerlich sein. Es beginnt im Zug. Wir fahren gerade durchs Tullnerfeld, als eine Ritterburg von Rebellen angegriffen wird. Sie haben ziemlich starke Feuerwaffen, auf die die Lords und Ladys in der Burg nicht vorbereitet sind. Interessiert lauschen wir der Geschichte, die sich ein kleiner Bub ein paar Sitzreihen weiter hinten von seiner Mama mit dramatischer Stimme vorlesen lässt. Sie endet mit einem fiesen Cliffhanger. Wir schauen uns erschrocken an. Schnell, die Katapulte!

Zum Glück gibt es bald eine Fortsetzung, vorgetragen vom kleinen Buben selbst. Auch die ist sehr dramatisch und besteht vorwiegend aus Kampfschreien. Einmal schallt es durch den ganzen Waggon: „Excalibur!“

Das inspiriert uns. Von jetzt an raunen wir uns gegenseitig beim Wandern, wenn der Weg steil wird und uns die Schläfen pochen, motivierend ins Ohr: Excalibur! In unserer Festung, also unserem Ferienappartement, fühlen wir uns sehr sicher. Wir sitzen im Gras, essen Wassermelone, schauen über den See in die Ferne und denken uns: Gleich hinter dieser Felswand, nicht weit von hier, ist ein Corona-Hotspot. Aber hier auf unserem Handtuch kann uns die Gefahr nichts anhaben.

Für die Zeiten, in denen wir doch unter Leute gehen, habe ich eine Verteidigungsstrategie entwickelt: Wer nicht Abstand hält oder die Maske nicht ordentlich trägt, wird mit gerümpfter Nase angeschaut, bis er sich schamvoll zurückzieht. Soll er die Lanze der Missbilligung auf sich zusausen spüren! Dann merke ich, dass meine Grimasse unter der Maske eher armselig aussieht, als würde mir schlimm die Nase jucken, ich aber keine Hand frei haben, um sie zu kratzen. Außerdem sind wir schon zurück auf dem Wiener Bahnhof, wo sich die Leute noch mehr drängeln als im doch so gefährlichen Urlaubsdomizil und ihre Masken genauso schlampig tragen, und ich gebe meine Strategie wieder auf.
Es ist nicht leicht, ein guter Ritter zu sein.

E-Mails an: katrin.nussmayr@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.