Vertical Farming

Wo Luftwurzeln mit künstlicher Intelligenz gepflegt werden

Vollautomatischer Pflanzenanbau in Regalen ist ressourcenschonend und wetterfest.
Vollautomatischer Pflanzenanbau in Regalen ist ressourcenschonend und wetterfest. Mos.ru/CC BY 4.0
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An der Fachhochschule Burgenland ist eine neue Testanlage für die autonome Bepflanzung in „vertikalen Farmen“ in Betrieb gegangen. Die Forscher der FH untersuchen hier, wie man mithilfe von Algorithmen den Anbau so ressourcenschonend wie möglich gestalten kann.

Eine saubere, klimaschonende Landwirtschaft, die gegen die zunehmenden Wetterextreme gefeit ist, wenig Wasser und kaum Chemie braucht, kurze Transportwege benötigt und auch noch hohe Erträge erzielt. Das klingt nach der eierlegenden Wollmilchsau, doch genau an diesem Ziel arbeiten Forscher und Unternehmen weltweit. Die dabei vielversprechendste Strategie derzeit nennt sich „Vertical Farming“: In hohen Regalen übereinandergestapelt werden Pflanzen in riesigen Hallen großgezogen, mit künstlichem Licht und laborreiner Luft.

In Österreich arbeitet etwa die Firma PhytonIQ an derartigen Anbaumethoden. Und zwar in der für die Industrie interessantesten Ausführung, der Aeroponik, erklärt Markus Tauber von der Fachhochschule Burgenland. „Dabei hängen die Wurzeln in der Luft und werden von unten mit einem Sprühroboter mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Gleichzeitig werden die Wurzeln gekämmt, damit sie nicht verklumpen.“

Der größte Vorteil der Methode: Man spart sich das Beet, es müssen keine schweren Erd- oder Wasserbecken übereinandergeschichtet werden, wodurch sich die Pflanzen sehr hoch stapeln und der Ertrag pro Quadratmeter entsprechend steigern lassen. Damit die vollautomatischen Parzellen auch einwandfrei funktionieren, müssen die Systeme richtig programmiert werden – hier kommt Taubers Arbeit am Forschungscenter „Cloud und CPS Security“ der FH ins Spiel.

Die richtige Dosis Wind berechnen

„Für die Aeroponik braucht es eine Menge an IT, nicht nur für die Sprühroboter an den Wurzeln. Auch die Steuerung für das richtige Licht oder den Wind sind für das Wachstum der Pflanze entscheidend. Bringe ich etwa zu früh zu viel Wind auf den Keimling, trocknet er aus. Bei zu wenig Wind wird dagegen das Wachstum nicht ausreichend stimuliert und die Pflanze knickt im schlimmsten Fall unter dem Eigengewicht um“, beschreibt der Informatiker die Herausforderungen, vor die seine Arbeitsgruppe gestellt ist.

Um die Systeme optimal einzusetzen und möglichst viel Ertrag mit möglichst wenig Ressourcen wie Wasser, Energie oder Dünger zu erzielen, wurde an der FH Burgenland im Rahmen des Projekts „Agri–Tec 4.0“ eine neue Testkammer eingerichtet. In der „Cubus“ getauften Anlage sind auf knapp drei Kubikmetern eine Vielzahl an Hightech-Sensoren verbaut, die alle Prozesse überwachen und die Systeme für Vertical Farming auf Herz und Nieren prüfen. „Damit haben wir eine Infrastruktur geschaffen, in der wir unsere Algorithmen nicht mehr nur für theoretische Modelle entwickeln, sondern in der Realität testen können“, freut sich Tauber.

Für die autonomen Systeme kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz, die sich mittels Machine Learning selbst verbessert, damit in dem Gewächshaus zu jeder Zeit optimale Bedingungen herrschen. Und auch die Datensicherheit wird in der Anlage getestet, betont Tauber. „Gemeinsam mit dem AIT und der TU Wien arbeiten wir daran, die dynamische Betriebssicherheit zu verbessern, also wie man garantieren kann, dass die Daten, die hier gesammelt werden, auch vertrauenswürdig sind.“

Rein technisch ist ein solcher Pflanzenanbau längst möglich. Bestimmte Produkte, etwa Salate, Microgreens (essbare Keimlinge) oder Gewächse für die Traditionelle Chinesische Medizin werden bereits im Vertical Farming produziert. Bis man Obst und Gemüse im großen Maßstab in den Regalen großer Hallen wachsen lässt, braucht es aber noch einiges an Entwicklungs- und Optimierungsarbeit.

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