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Nach Explosion

Demonstration in Beirut: Ein Polizist tot, drei Ministerien gestürmt

LEBANON-BLAST-DEMO
Demonstranten legten Feuer im Bankenverband, bevor sie von der Armee zurückgedrängt wurden.APA/AFP/ANWAR AMRO
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Demonstranten stürmten bisher drei Ministerien. Mindestens 130 Menschen wurden bei Zusammenstößen zwischen Protestierenden Sicherheitskräften verletzt, ein Polizeibeamter kam dabei ums Leben.

Am Märtyrer-Platz in Beirut versammelten sich am Samstag etwa 10.000 Menschen, um nach der Explosionskatastrophe vom Dienstag gegen die Regierung zu protestieren. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, im Stadtzentrum fielen Schüsse. Einige Demonstranten drangen schließlich - angeführt von ehemaligen Armeeoffizieren - ins Außenministerium ein. Sie erklärten es zum „Hauptquartier der Revolution" und verbrannten ein Portrait des Präsidenten Michel Aoun. Nach dem Außen- stürmten sie auch das Energieministerium und das Handelsministerium in der libanesischen Hauptstadt.

Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten wurden mindestens 130 Menschen verletzt. 28 von ihnen seien in umliegende Krankenhäuser gebracht, 102 vor Ort behandelt worden, teilte das libanesische Rote Kreuz am Samstag über Twitter mit.

Ein Polizeibeamter kam bei den Zusammenstößen ums Leben. Der Beamte habe mehreren in einem Hotel festsitzenden Menschen geholfen, als er aus einer Menschenmenge angegriffen worden und tödlich gestürzt sei, erklärte die Polizei im Kurzmitteilungsdienst Twitter. 

Auch der Sitz des libanesischen Bankenverbandes wurde gestürmt. Wütende Demonstranten legten Feuer, bevor sie von der Armee zurückgedrängt und die Flammen gelöscht wurden.

Demonstranten: „Rache bis zum Sturz des Regimes"

Die Beiruter gingen auf die zerstörten und mit Trümmern übersäten Straßen, um ihrer Wut auf die politische Elite Luft zu machen. „Rache, Rache bis zum Sturz des Regimes", lauteten die Rufe. Viele Demonstranten hielten Flaggen oder Fotos von Unglücksopfern in die Höhe.

Vereinzelt schwenkten Protestierende auch Schlingen. Auf dem Märtyrer-Platz im Zentrum von Beirut waren bereits am Freitag hölzerne Guillotinen errichtet worden. Protestaufrufe in Onlinenetzwerken wurden mit dem Hashtag #HangThem (#HängtSie) versehen.

Viele Menschen im Libanon machen die Regierung für die Explosion mit mehr als 150 Toten und rund 5000 Verletzten verantwortlich. Der Libanon steckt schon seit Jahren in einer schweren Wirtschafts- und Währungskrise, die durch die Corona-Pandemie noch verschärft wurde. „Der Aufstand und die Revolution gehen weiter", sagte einer der Demonstranten zu MTV. Präsident Michael Aoun, Regierungschef Hassan Diab und die gesamte politische Führungsspitze seien für die Katastrophe verantwortlich.

Ministerpräsident kündigt Neuwahlen an

Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab will Neuwahlen beantragen. Das sei der einzige Weg, um die tiefe Krise des Landes zu überwinden, erklärt er. Diab wies eine Verantwortung für die wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes zurück.

Bei den Protesten in Beirut sind nach Angaben des libanesischen Roten Kreuzes mehr als 110 Menschen verletzt worden. Ins Krankenhaus seien 32 Personen eingeliefert worden, zitieren örtliche Medien die Hilfsorganisation.

Bereits im Oktober Massenproteste gegen Regierung

Aktivisten hatten in den sozialen Medien zu der Demonstration unter dem Motto „Gerechtigkeit für die Opfer, Rache an der Regierung" aufgerufen. Bereits im vergangenen Oktober hatte es Massenproteste gegen die Regierung gegeben. Die Demonstranten fordern weitgehende politische Reformen. Sie werfen der politischen Elite Korruption vor.

Am Sonntag wollen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die Vereinten Nationen gemeinsam eine Geberkonferenz für den schon zuvor von einer Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Corona-Pandemie geplagten Libanon ausrichten. Auch US-Präsident Donald Trump kündigte seine Teilnahme an der Videokonferenz an, die Gelder für den Wiederaufbau von Beirut sammeln soll.

(APA)

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