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Jim Knopf, Jemmy Button und die Nazi-Drachen

Der deutsche Schriftsteller Michael Ende, Deutschland 1990.
Der deutsche Schriftsteller Michael Ende, Deutschland 1990. (c) imago images/United Archives (United Archives / kpa via www.imago-images.de)
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Michael Ende und das NS-Denken: Hat Jims Name mit Darwin zu tun? Erinnert Kummerland wirklich an ein KZ?

In gewisser Weise hat Jim Knopf seinen Autor Michael Ende gerettet. Der war 1960 ein in Untermiete wohnender, frustrierter Jungschauspieler mit der Aussicht, wegen Zahlungsrückständen seine Unterkunft zu verlieren. Dann aber erhielt der 32-Jährige, der eigentlich Dramatiker sein wollte, für sein erstes Kinderbuch, „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, den Deutschen Jugendbuchpreis; der Thienemann Verlag hatte das 800-Seiten-Manuskript geteilt, der zweite Teil, „Jim Knopf und die Wilde 13“, erschien 1962.

Ein schwarzer Bub ist der Held darin, er kommt als Baby in einem Schuhkarton in Lummerland an. „Vor dem großen schwarzen Gesicht“ seines späteren Freundes Lukas, des Lokomotivführers, erschreckt er sich so, dass er zu weinen beginnt; „denn es wusste ja noch nicht, dass es selber auch ein schwarzes Gesicht hatte.“ Und als alle beim Öffnen des Kartons „ein schwarzes Baby!“ schreien, bemerkt Herr Ärmel: „Das dürfte vermutlich ein kleiner Neger sein“ – und „machte ein sehr gescheites Gesicht“.

Heute würde Michael Ende wohl das nur hier vorkommende Wort „Neger“ weglassen – auch wenn es aus dem Mund des als perfekter Untertan kritisch beschriebenen Herrn Ärmel kommt („Er war hauptsächlich Untertan und wurde regiert“, mehr sei von ihm „nicht zu erzählen“). Trotzdem hat der Verlag gute Gründe, den Originaltext zu belassen; „Jim Knopf“ macht auch so deutlich genug, was sein Autor von Vorurteilen und Rassendenken hält. Der nur aus der Ferne riesig wirkende Scheinriese Tur Tur etwa, dem Jim Knopf und Lukas auf ihrer durch „Überbevölkerung“ Lummerlands erzwungenen Reise begegnen, beginnt die Erklärung seiner Scheinriesenhaftigkeit mit Gedanken über „besondere Eigenschaften“ wie Jims schwarze Haut (was heute streng genommen ebenfalls politisch unkorrekt ist – doch im migrantenarmen Deutschland der 60er-Jahre war „schwarze Haut“ nun einmal eine Besonderheit): Wenn Menschen „zum Beispiel weiß sind, dann sind sie überzeugt, nur ihre Farbe wäre richtig“. Jim drauf: „Dabei is' es doch manchmal sehr praktisch, eine schwarze Haut zu haben, zum Beispiel für Lokomotivführer.“

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