Roman

Die Abgründe der Kunst

Katya Apekina: „Je tiefer das Wasser“
Katya Apekina: „Je tiefer das Wasser“Suhrkamp
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Im Debütroman „Je tiefer das Wasser“ breitet Katya Apekina aus mehreren Perspektiven ein Familien- und Künstlerdrama aus.

Nach dem Suizidversuch ihrer Mutter, Marianne, landen die 16-jährige Edith und die 14-jährige Mae in der Obhut ihres Vaters, des Schriftstellers Dennis. Aus der versponnenen Welt ihrer neurotischen Mutter – einer verhinderten Dichterin in New Orleans – geraten die Mädchen mitten hinein in die New Yorker Kultur-Boheme ihres von Literatur-Groupies umschwärmten Vaters.

Edith ist abgestoßen und geplagt von schlechtem Gewissen gegenüber ihrer Mutter, die in der Psychiatrie von Medikamenten ruhiggestellt ist. Mae dagegen ist fasziniert und heilfroh, Mariannes unheilvollem Einfluss entronnen zu sein.

Im steten Perspektivenwechsel entfaltet Katya Apekina ein vielschichtiges Familien- und Künstlerdrama, in dem sich Abgründe auftun. Als Student erlag Dennis der betörenden Kindfrau Marianne, als er im Zuge seines Engagements für die Bürgerrechtsbewegung als „Freedom Rider“ bei deren Künstlervater Unterschlupf fand. Marianne wurde zu Dennis' Muse, sein Erstling ein literarischer Durchbruch. Jahre später in New York soll Mae in Mariannes Rolle als Muse für Dennis schlüpfen, der unter einer Schreibblockade leidet – mit fatalen Folgen.

Als Opfer eines doppelten Missbrauchs avanciert Mae nach gescheitertem Suizidversuch zur gefeierten Künstlerin, deren Skimaske die Entstellungen verhüllt. Ihre Mutter, längst im Mississippi für tot geglaubt, taucht mutmaßlich als Dichterin in einem obskuren Künstlerorden wieder auf. Apekina gelingt ein fesselndes Künstlerdrama mit Anleihen bei der griechischen Tragödie.

Katya Apekina: „Je tiefer das Wasser“, übersetzt von Brigitte Jakobeit, Suhrkamp, 394 S., 24,90 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2020)

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