Die Grüne Uschi Lichtenegger eroberte bei der letzten Wahl völlig überraschend den ersten Platz im zweiten Wiener Bezirk. Nun will die SPÖ Revanche für diese Niederlage.
Wien. Auf dem Papier sind die Positionen in der Leopoldstadt klar bezogen. Die Grünen fuhren 2016 (bei der Wahlwiederholung in der Leopoldstadt) genau 35,34 Prozent und Platz eins ein. Die SPÖ als zweitstärkste Partei lag mit 28,06 Prozent deutlich dahinter. Trotzdem dürfte die Leopoldstadt einer der spannendsten Bezirke bei der Wien-Wahl im Herbst werden – wenn es um die Bezirksvorsteher geht. Denn im zweiten Bezirk will die SPÖ eine Revanche für die herbe und völlig unerwartete Niederlage bei der letzten Bezirksvertretungswahl üben. Erstmals in der Geschichte Wiens erstrahlte der zweite Bezirk damals nicht mehr rot, sondern grün.
Die SPÖ hadert seitdem mit ihrem Schicksal. Denn es war die Wahlwiederholung in der Leopoldstadt, die der Bürgermeisterpartei unerwartet den Bezirksvorsteher-Posten gekostet hatte. Auslöser der Wahlwiederholung war eine erfolgreiche Anfechtung des Bezirkswahlergebnisses durch die FPÖ. Denn es gab (wieder einmal in Österreich) Probleme mit den Wahlkarten. Auch heuer ist dank der Wohnsitzdebatte von Heinz-Christian Strache bereits vor der Wahl eine Anfechtung nicht ganz ausgeschlossen.
Rote Festung seit 1945
Seit dem Zweiten Weltkrieg war die Leopoldstadt eine rote Festung. So war es auch bei der ersten, später aufgehobenen Bezirksvertretungswahl. Die SPÖ verteidigte (wie erwartet) ihre Spitzenposition im zweiten Bezirk mit 38,64 Prozent souverän, während sich Grüne und Freiheitliche, mit fast 17 Prozent Abstand, ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten. Mit der Wahlwiederholung schlitterte die SPÖ in ein Desaster, nachdem sie ihr Klientel nicht mobilisieren konnte. Und die Grünen Anleihe an einer alten SPÖ-Taktik nahmen: Sie inszenierten ein Duell „Gut gegen Böse“. Das grüne Signal: Die SPÖ habe bereits gewonnen, im zweiten Bezirk dürfe aber nicht die FPÖ zweiter werden; es gehe um eine Grundsatzentscheidung zwischen einem offenen, liberalen Bezirk und der FPÖ.
Die Taktik ging besser auf als erwartet – die Grünen überholten völlig überraschend sogar die SPÖ. Nun tritt Lichtenegger erstmals zur Wiederwahl in einem Bezirk an. Ein richtiges Profil konnte sie sich bisher nicht erarbeiten, allerdings hat auch die SPÖ kein Zugpferd. Der frühere SPÖ-Bezirksvorsteher, Karlheinz Hora, war in der Leopoldstadt bekannt und hatte sich einen Amtsbonus erarbeitet. Allerdings verstarb er kurz nach der Wahl. So geht nun der derzeitige SPÖ-Bezirksgeschäftsführer, Alexander Nikolai, ins Rennen um den Bezirksvorsteher-Posten. Ob er die rote Rückeroberung schafft, wird davon abhängen, ob es der Partei von Michael Ludwig gelingt, die eigenen Wähler so zu mobilisieren wie in der Zeit vor der grünen Regentschaft.