Mit Haut, Haar und Federn

Gewalt gegen Wildtiere offenbart gesellschaftliche Abgründe

Die illegale Gewaltbereitschaft gegen Wölfe mag man als Verteidigung der Schafe durch die „guten Hirten“ verstehen – latenter Alltagsfaschismus ist sie allemal.

Wütende Reaktionen gab es auf meinen jüngsten Kommentar zu den Fakten um den Wolf: Dass er nicht mehr verschwinden wird, dass es aussichtslos ist, seinen Schutz auf EU-Ebene lockern zu wollen, dass das Problem nicht mit der Flinte lösbar ist, dass daher am Herdenschutz kein Weg vorbeiführt. Hochmütig sei ich, und ein „Schreibtischtäter“. Sorry, Missverständnis, ich bin ja bloß der Überbringer der nicht für alle erfreulichen Botschaft. Dabei könnte man noch wesentlich mehr rationale Argumente pro Wolf anführen: Dass etwa von den 300.000 in Österreich gealpten Schafen pro Saison 2–4 % durch Absturz, Blitzschlag, Krankheit etc. ums Leben kommen, gesamt etwa 6000 Tiere. Wölfe dagegen töten im Moment höchstens 200! Dennoch wird der Wolf zum Totengräber der Almwirtschaft stilisiert – obwohl die Zahl der einschlägigen Betriebe bereits vor dem Wolf stark zurückging. Warum triggert gerade der Wolf Orgien der Irrationalität?

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Verständlich die persönliche Betroffenheit, wenn „der Räuber“ zuschlägt. Das ist schwieriger zu ertragen als ein vom Blitz erschlagenes Schaf. Für die betroffenen Bauern sind ihre Weidetiere viel mehr als bloß lebendes Kapital, und auch die Kompensation durch die öffentliche Hand macht nicht wirklich glücklich. Der Wolf verunsichert und stellt auch bislang schon nicht mehr gut funktionierendes bäuerliches Wirtschaften infrage – zumal man sich die Alternative des Herdenschutzes noch nicht immer vorstellen will. So wird der Wolf zum Sündenbock einer verfehlten Landwirtschaftspolitik, welche die Großen begünstigt, die kleinen, qualitätsschaffenden Betriebe aber bürokratisch und anderweitig drangsaliert; etwa 3000 Milchviehbetriebe pro Jahr geben auf. Weil man dagegen nicht ankann, entlädt sich die Wut in Richtung Wolf – anstatt etwa ernsthaft die Regionalisierung der Lebensmittelversorgung und die Stärkung der Qualitätslandwirtschaft anzugehen.

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