Quergeschrieben

Kampf der Gerechteren gegen Kunst, Humor und Kreativität

Mainz Unterhaus Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 2018 Lisa Eckhart Foerderpreis © Be
Mainz Unterhaus Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 2018 Lisa Eckhart Foerderpreis © Beimago/Eßling
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Verbale Neophyten verdrängen das Widerständige, Tabulose in der Kultur. Humor und Kunst werden in Safe Spaces verbannt. Gedeihlich oder gar lustig ist das nicht.

Cancel Culture“ ist eines dieser neuen Wörter, die aus den USA nach Europa geschwappt sind. Es beschreibt den Boykott von Personen und/oder Institutionen wegen (vermeintlich) rassistischer, antisemitischer, diskriminierender Aussagen. Meist kommt der Protest von links, mitunter auch von rechts. Wer oder was einem nicht passt, soll von der Bildfläche verschwinden, presto und rückstandsfrei. Tatsächlich können manche gar nicht so schnell schauen, wie sie kulturell abgekanzelt und gecancelt werden. So wie jüngst Joanne K. Rowling. Mit dem englischen „Women“ wortspielend, twitterte die Erfinderin von Harry Potter über die Formulierung „menstruierende Frauen“ als Unterscheidung zu Transgender-Personen: „Ich bin sicher, es gab früher ein Wort für diese Menschen. Hilft mir jemand? Wumben? Wimpund? Woomud?“ . Aktivisten (m/w/*) forderten daraufhin Potter-Fans auf, Rowlings Bücher zu verkaufen und den Erlös an Transgender-Organisationen zu spenden. Immerhin ein gütigerer Vorschlag als der zur Bücherverbrennung. Gab's nämlich auch; und das müffelt, auch wenn es von links kommt, ziemlich braun.Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

In den USA streikten Dutzende Mitarbeiter der Hachette-Verlagsgruppe aus Protest gegen die Veröffentlichung von Woody Allens Autobiografie „Ganz nebenbei“. Hachette machte einen Rückzieher, erschienen sind die Memoiren schließlich bei Arcade Publishing (und in Deutschland, trotz des Widerstands teilweise prominenter Hausautoren, wie geplant im Rowohlt Verlag). Allens Adoptivtochter Dylan beschuldigt seit vielen Jahren den Ex-Lebensgefährten ihrer Mutter Mia Farrow, sie als siebenjähriges Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Allen hat dies stets zurückgewiesen, ein Gericht das Verfahren mangels Beweisen eingestellt. 2018 schrieb Dylans Bruder Moses, ein New Yorker Familientherapeut, in der „New York Times“, er sei an dem bewussten Tag vor, während und nach dem angeblichenÜbergriff vor Ort gewesen. Aber geschehen sei nichts, dafür seien viele Kleinigkeiten in Dylans Aussagen nachweisbar falsch. Seine Mutter habe seine Schwester manipuliert, sein Stiefvater sei unschuldig.

»Ja, diese Lisa Eckhart ist speziell. Und „Omama“ ein ziemlich fetziger Roman, der den Kühne-Preis verdient hätte.«

Andrea Schurian

Und soeben wurde ein für September geplanter Auftritt der österreichischen Kabarettistin, Poetry-Slammerin und Schriftstellerin Lisa Eckhart beim Hamburger Harbour-Front-Festival für Nachwuchsliteratur gecancelt. Eckhart hätte dort aus ihrem Debütroman „Omama“ um den mit 10.000 Euro dotierten Klaus-Michael-Kühne-Preis wettlesen sollen. Aber: nichts da! Die Veranstalter fürchteten Proteste, präziser gesagt: Gewaltausschreitungen, des schwarzen Blocks der Antifa. Ein Jungautor verweigerte eine gemeinsame Lesung. Eine Bitte zum freiwilligen Rückzug schlug die 28-Jährige aus, die als Lisa Lasselsberger in der Steiermark geboren wurde und sich irgendwann in die tabulos witzelnde Lisa Eckhart verwandelte.

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Antisemitismus-Debatte

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Lisa Eckhart hätte am 14. September in Hamburg auftreten sollen. Die Veranstalter rechnen mit Protesten, denn der Kabarettistin wird Rassismus und Antisemitismus vorgeworfen.

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