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Fußball ist besser ohne Zuschauer, Teil 1

Im Fußball wird derzeit vor leeren Rängen gejubelt.
Im Fußball wird derzeit vor leeren Rängen gejubelt.APA/GEORG HOCHMUTH
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Wer das Spiel an sich und nicht das künstlich inszenierte Drumherum liebt, genießt im Fernsehen die Abwesenheit des permanenten Grölens.

Hier wäre eine unpopuläre Meinung: Es ist ein Segen für den Fußballsport, dass er aufgrund der derzeitigen gesundheitspolitischen Auflagen großteils ohne Zuschauer stattfindet. Ich meine das im vollen Bewusstsein des Stellenwerts, den mein Lieblingssport im Leben großer Teile der Weltöffentlichkeit einnimmt. Gewiss: Für jene Menschen, die ihr Einkommen rund um das Milliardenspektakel verdienen, sind die Zuschauerverbote schlimm. Ich hoffe, dass jeder Würstelmann, jeder Eintrittskartenabreißer und auch die ambulanten „Popcorn-Chips-Erdnusslocken-Knuspergitter-Mini-Fritts“-Verkäufer rasch neue Jobs finden.

Doch wer das Spiel an sich und nicht das künstlich inszenierte Drumherum liebt, genießt im Fernsehen die Abwesenheit des permanenten Grölens, der kaum jemals pfiffigen Schlachtgesänge, der Beschimpfungen unter der Gürtellinie. Stattdessen eröffnen sich faszinierende Einblicke in die wahren Zustände in den Klubs, die sonst von immer größeren PR-Abteilungen eisern unter Verschluss gehalten werden. Denn dank der Mikrofone am Spielfeldrand hören wir nun klar, was Trainer und Spieler einander zurufen. Und da lernen wir: Bei den Profis geht es meistens genauso zu wie bei uns in der Hobbyliga. Neulich schaute ich mir beispielsweise den Livestream des Testspiels zwischen Anderlecht und Lille an. Vincent Kompany, der Spielertrainer der Brüsseler, coachte lautstark von der Seitenlinie – und wurde von seiner Elf genauso frustriert wie unser Coach in der Brüsseler Hobbyliga. „Spielt schneller!“, rief Vince „The Prince“ und: „Nach vorn spielen!“

Augenscheinlich sind diese Anweisungen für die wirklich Guten genauso schwer zu befolgen wie für unsereins. Das ist tröstlich, und es beweist, wie schwer die richtige Gruppendynamik herbeizuführen ist, die eine gute Fußballmannschaft ausmacht. Aber noch aus einer anderen, grundsätzlicheren Überlegung ist Fußball ohne Zuschauer besser. Mehr dazu in zwei Wochen an dieser Stelle.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

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