Coronavirus

Deutsche Virologen befürworten Maskenpflicht in den Schulen

In Berlin starten die Schüler bereits in nächste Schuljahr.
In Berlin starten die Schüler bereits in nächste Schuljahr.APA/dpa/Kay Nietfeld
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Ein umfangreiches Maßnahmenpaket soll den Betrieb in deutschen Bildungseinrichtungen sichern, besonders auf gutes Lüften und Unterrichtsorganisation soll Wert gelegt werden.

Die Schulen sollen im kommenden Herbst und Winter geöffnet sein. Laut einer Stellungnahme von Mitgliedern der deutschen Gesellschaft für Virologie muss aber ein umfangreiches Maßnahmenpaket begleitend für Sicherheit sorgen. Nur so könnten größere Ausbrüche verhindert werden, schreiben die Experten in ihren Empfehlungen.

"Wir befürworten jede Maßnahme, die dem Zweck dient, die Schulen und Bildungseinrichtungen in der kommenden Wintersaison offen zu halten. (...) Der Schulbetrieb muss jedoch an pragmatische Konzepte gekoppelt sein, die das Risiko der Infektionsausbreitung an Schulen eliminieren oder zumindest deutlich reduzieren können", schreiben die deutschen Experten, unter ihnen auch der Berliner Virologe Christian Drosten, für die Fachgesellschaft.

Rolle der Kinder nicht zu unterschätzen

Schulen und Bildungseinrichtungen seien ein wichtiger Bereich der Gesellschaft, in dem die Ausbreitung von Sars-CoV-2 verhindert werden sollte. Die Virologen: "Für eine wirksame Unterdrückung der Virusausbreitung in der Gesamtgesellschaft bleibt es auch weiterhin eine Grundvoraussetzung, die Viruszirkulation in den Schulen niedrig zu halten. Gleichzeitig ist eine effektive Kontrolle der Neuinfektionen in der Umgebung der Schulen, also dem privaten Umfeld von Schülern und Lehrkräften, die beste Prävention für die Eintragung des Virus in die Schulen."

Zwar würden Kinder mit Sars-CoV-2-Infektionen oft asymptomatisch bleiben oder nur milde Krankheitsverläufe zeigen, doch das bedeute kein Null-Risiko: "Wir warnen vor der Vorstellung, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie und in der Übertragung spielen."

Infektionsraten bei Kindern und deren Rolle in der Pandemie seien bisher nur unvollständig durch wissenschaftliche Studien erfasst. Neuere wissenschaftliche Veröffentlichungen deuteten darauf hin, dass die anfänglich teilweise angenommene minimale Rolle von Kindern infrage gestellt werden müsse.

"Unter bestimmten Umständen kann es sein, dass Kinder einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Infektionen mit Sars-CoV-2 ausmachen. Inzwischen liegt der prozentuale Anteil von Kindern an der Gesamtzahl der Neuinfektionen in Deutschland in einer Größenordnung, die dem Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung entspricht", stellen die Fachleute fest. Die Viruslast von Kindern dürfte sich kaum von jener der infizierten Erwachsenen unterscheiden. "Ergebnisse aus einigen sorgfältig durchgeführten Haushaltsstudien zeigten, dass Kinder etwa gleich häufig infiziert waren wie Erwachsene", schreiben die Experten weiter.

Fest Kleingruppen definieren

Jedenfalls müssten zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden. Die Fachleute: "Bezogen auf die Schulöffnung im Herbst bedeutet dies, dass zusätzliche Maßnahmen getroffen werden sollten, um Übertragungsrisiken in Schulen zu minimieren. Dazu gehört beispielsweise, die Klassengrößen abhängig von der Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren, räumliche Ressourcen auszuschöpfen und pragmatische Lösungen für einen verbesserten Luftaustausch in öffentlichen Gebäuden wie Schulen zu finden."

In Bezug auf den Klassenverband sollten aus virologischer Sicht feste Kleingruppen inklusive Lehrpersonal definiert werden mit möglichst geringer Durchmischung der Gruppen im Schulalltag. Unterrichtseinheiten könnten möglichst breit per Kleingruppe über verschiedene Tageszeiten und Wochentage verteilt werden.

In den Schulen sollten aus virologischer Sicht immer Masken getragen werden, auch im Unterricht. Dann geht es um die Tests. "Schüler mit einer akuten Atemwegsinfektion sollten auch bei milden Symptomen labordiagnostisch abgeklärt werden, wenn dies möglich ist, weil sie als Anzeiger von Übertragungsherden (Clustern) eine unverzichtbare Rolle in der Früherkennung von Schulausbrüchen spielen", stellen die Fachleute fest. Eine besonders niedrigschwellige Testung sollte für das Lehrpersonal sichergestellt sein. Das organisatorische Ziel bei der Testung von Schülern und insbesondere Lehrpersonal sollte eine Befundübermittlung innerhalb von 24 Stunden nach Probennahme sein.

Positiv getestete Schüler und Lehrer seien Indikatorfälle für Übertragungscluster. Für die Behandlung von Übertragungsclustern könnte eine generelle und sofortige Kurzzeitquarantäne in Betracht gezogen werden. Zur Prävention größerer Schulausbrüche sei eine sofortige zumindest kurzzeitige Quarantäne des gesamten Sozialverbands erforderlich. "Am Ende einer Kurzzeitquarantäne könnte eine 'Freitestung' der Mitglieder des Clusters erfolgen, d. h. eine weitere Quarantäne wäre dann nicht mehr nötig.", stellen die deutschen Virologen fest.

(APA/dpa)

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