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Zwei Tage im Hotel in Wien: Wenn der Concierge „Nicht allzu viele“ sagt

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Meine zwei Tage im Hotel – in der Stadt, in der ich lebe: Nachrichten aus der Tourismuskrise.

Es geschieht ja nicht alle Tage, dass man sich in der Stadt, in der man lebt, in einem Hotel einmietet. Und falls es doch geschieht, ist kaum je Erfreuliches der Grund. Nicht so bei mir: Die Verlockungen der Aktion „Erlebe deine Hauptstadt“ verführten mich dazu, mich zwecks Förderung unserer von der Tourismuskrise gebeutelten Gastronomie, so das Motiv der Aktion, bei einem der hiesigen Beherberger für zwei Tage einzuquartieren. Nicht bei irgendeinem, sondern, wenn schon, denn schon, an einer der ersten Hoteladressen Wiens.

Wie groß diese Tourismuskrise tatsächlich ist, begann ich spätestens zu ahnen, als ich beim Betreten des Hotelfoyers vom Concierge mit einem fast überschwänglichen „Grüß Gott, Herr Freitag. Wir haben uns schon gefragt, wann Sie kommen werden“ empfangen wurde. Keineswegs weil der Concierge mir eine Bedeutung suggerieren wollte, die ich zweifelsfrei nicht habe, vielmehr offenkundig deshalb, weil in diesem 150-Zimmer-Palast nicht viel anderes für ihn zu tun war, als auf meine Ankunft zu warten. Während der zwei folgenden Tage jedenfalls sah ich keinen anderen Gast kommen, keinen anderen gehen. Stundenlang streifte ich durch ehedem hochherrschaftliche Gänge, über Treppen von imperialem Gestus – und fand mich stets allein. Beim Frühstück eilten Kellner, Oberkellner, Kellnerlehrling auf der fast schon rührend anmutenden Suche nach Beschäftigung durch Räume voller freier Tische. Und meine Nachfrage beim Empfang, wie viele Gäste hier wohl gerade logierten, wurde mit einem verlegen-diplomatischen „Nicht allzu viele“ quittiert.

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