Erst wurde die Kabarettistin aus Angst vor Krawall von einem Festival ausgeladen, dann wieder eingeladen, jetzt will sie nicht mehr. Und wehrt sich gegen „Instrumentalisierung“ durch die AfD.
So haben sich das die Veranstalter des Literaturfestivals Harbour Front wohl nicht vorgestellt. Nach dem Wirbel um die Ausladung der steirischen Kabarettistin Lisa Eckhart aus dem Wettbewerb des Hamburger Festivals – aus Sorge vor Protesten – war man bemüht, die Wogen zu glätten. Funktioniert hat das gar nicht. Nun hat sich auch die AfD in die Debatte eingeschaltet – und ein anderer Autor sagt seine Lesung ab. Wie kam es soweit? Eine Chronologie der Ereignisse:
Mit ihrem Roman „Omama“ (erscheint am 17. 8. bei Zsolnay) wurde Lisa Eckhart neben sieben weiteren Autoren für den mit 10.000 Euro dotierten Klaus-Michael-Kühne-Preis nominiert, der beim Harbour Front alljährlich für das beste Debüt verliehen wird. Weil sich andere Autoren geweigert hatten, mit der umstrittenen Kabarettistin im „Debütantensalon“ aufzutreten, und weil die Betreiber des Veranstaltungsortes „Nochtspeicher“ einen Auftritt Eckharts ablehnten, baten die Veranstalter Eckhart erst, freiwillig auf ihren Auftritt zu verzichten. Und luden sie vergangene Woche schließlich aus. Man wolle sie „überhaupt nicht“ loswerden, so Festivalleiter Nikolaus Hansen, doch der „Nochtspeicher“ habe Drohungen des in Hamburg sehr aktiven „Schwarzen Blocks“ der Antifa erhalten. Man fürchte „rabiate Gewalt“. Stattdessen bot man Eckhart eine Online-Lesung an: für sie keine Option.
Es gab gar keine Drohungen
Wenige Tage später ruderte das Festival zurück: Es hätte inzwischen erfahren, dass es gar keine konkreten Drohungen, sondern nur „Warnungen“ gab. Also lud es Eckhart wieder ein, in einen „Debütantensalon“ an einem anderen Ort. Jetzt wollte aber Eckhart nicht mehr. Ihr Verlag erklärte, selbst schon einen Locationwechsel vorgeschlagen zu haben, damit aber abgeblitzt zu sein. Eckhart selbst erklärte dem NDR, dass sie nicht gewillt sei, „jemanden jetzt zu einem Schützer der Kunstfreiheit zu erklären, der sich das nicht verdient hat“.
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Als Schützer der Kunstfreiheit gerieren sich nun auch rechte Gruppen. „Linke zerstören Deutschlands Freiheit“, schrieb ein AfD-Vertreter auf Facebook zu einem Foto Eckharts. Sie weist „diesen plumpen Versuch der Instrumentalisierung zurück“, ihr Verlag habe rechtliche Schritte wegen Verletzung des Persönlichkeits- und Urheberrechts eingeleitet.
Dem Festival hat indessen ein weiterer Autor abgesagt: Sascha Reh sieht sich „außerstande, bei einer Veranstaltung zu lesen, die sich nicht unmissverständlich hinter das Recht auf Freiheit in Kunst und Rede stellt – auch dann, wenn mit Krawall zu rechnen ist“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2020)