US-Wahlkampf

Biden fordert Trump mit Kamala Harris heraus

BIDEN-HARRIS
BIDEN-HARRISAPA/AFP/GETTY IMAGES/WIN MCNAMEE
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Sollte Biden die Wahlen im November gewinnen, würde erstmals eine Frau Vizepräsidentin. Trump attackierte die 55-Jährige - mit einem Video - gleich auf seine Art. Tatsächlich ist sie nicht unumstritten.

Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, zieht mit der schwarzen Senatorin Kamala Harris an seiner Seite in den Wahlkampf gegen Amtsinhaber Donald Trump. Es sei ihm eine große Ehre mitzuteilen, dass er Harris als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft ausgewählt habe, teilte Biden auf Twitter mit. Sie sei eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Leute und eine der ausgezeichnetesten Staatsdienerinnen der USA. Harris erklärte, sie fühle sich geehrt. Biden könne Amerika wieder zusammenführen.

Sollte das Duo die Wahl am 03. November gewinnen, würde die 55-Jährige die erste Frau, die als Vizepräsidentin ins Weiße Haus einzieht. Gleichzeitig würde mit der ehemaligen Staatsanwältin, deren Eltern aus Jamaika und Indien in die USA einwanderten, erstmals eine Schwarze sowie eine Amerikanerin mit asiatischen Wurzeln den Posten übernehmen. Trump attackierte Harris während einer Pressekonferenz in Washington umgehend verbal. Sie sei die "gemeinste, schrecklichste, respektloseste" Senatorin. Auf seinem Twitter-Kanal stellte der Republikaner ein Video, das sie als radikale Linke porträtierte, die bereitstehe, Biden zu beerben und Steuern massiv zu erhöhen. Lob für Harris kam dagegen von prominenten Demokraten, allen voran Ex-Präsident Barack Obama und der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton.

Bidens Alter ist die große Chance für Harris

Biden hatte sich im März festgelegt, dass der Job, den er selbst acht Jahre unter dem ersten schwarzen US-Präsidenten Obama innehatte, an eine Frau vergeben würde. Bereits das war eine Besonderheit, denn nur wenige Frauen schafften es bislang auf das Kandidatenticket. Doch schon allein wegen Bidens hohen Alters rückte das Thema diesmal mehr in den Fokus als bei früheren Wahlen. Im Falle eines Siegs im November wäre er beim Amtsantritt im Jänner 78 Jahre - so alt wie kein Präsident vor ihm. Würde er - etwa aus gesundheitlichen Gründen - seine Amtszeit vorzeitig beenden, käme seine Stellvertreterin zum Zug. Und sollte Biden 2024 nicht erneut antreten, wovon einige Beobachter ausgehen, wäre Harris zumindest Favoritin auf die nächste Spitzenkandidatur der Demokraten.

Von der Rivalin zur Verbündeten

Mit Harris holt sich Biden eine streitbare und wahlkampferprobte Verbündete in sein Team, die das Zeug dazu hat, in dem zu erwartenden hitzigen Schlagabtausch gegen Trump und dessen derzeitigen Stellvertreter Mike Pence wenn nötig auch aggressiv auszuteilen. Bewiesen hat sie das bereits mehrfach. Sogar Biden selbst bekam das zu spüren, denn ursprünglich war Harris eine seiner Rivalinnen im parteiinternen Wettstreit um die Präsidentschaftskandidatur. Bei einer im Fernsehen landesweit übertragenen Debatte zwischen den Bewerbern war sie Biden besonders hart angegangen, bevor sie wenig später ihre Bewerbung zurückzog. Nicht wenige in Bidens Umfeld mutmaßten, dass er Harris das nicht verziehen habe, als darüber spekuliert wurde, wen er als 'running mate' aufstellen würde. Trump sagte, er sei überrascht, dass Bidens Wahl auf Harris gefallen sei, wo sie doch so "gehässig" zu ihm gewesen sei.

Doch spätestens mit Ausbruch der Anti-Rassismus-Proteste nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten im Mai galt Harris als wohl aussichtsreichste "Nummer zwei". Sie avancierte zu einer führenden Stimme in der landesweiten Debatte über Polizeigewalt und den Rufen nach mehr Gerechtigkeit für Minderheiten. Gleichzeitig nahm der Druck auf Biden zu, eine nicht weiße Vizepräsidentschaftskandidatin auszuwählen. Mit Harris erhofft sich sein Wahlkampfstab eine stärkere Bindung afroamerikanischer Wähler, die gerade in besonders umkämpften Bundesstaaten wie Michigan, Pennsylvania, Wisconsin, Georgia und Florida das Zünglein an der Waage sein könnten. Vor vier Jahren war ein Rückgang der Wahlbeteiligung unter Schwarzen einer der Gründe für Hillary Clintons Niederlage gegen Trump.

Nicht unumstritten

"Dass erstmals eine schwarze Frau nominiert wird, bestärkt meinen Glauben, dass es in Amerika einen Platz für jede Person gibt, Erfolg zu haben, egal, wer sie sind, oder woher sie kommen", sagte die schwarze Kongressabgeordnete Val Demings, die ebenfalls als Bidens Vize gehandelt worden war.

Doch Harris ist nicht unumstritten in ihrer Partei. Für ihre Zeit als Staatsanwältin in Kalifornien erntete sie Kritik aus der schwarzen Bevölkerung und vom linken Flügel der Demokraten. So wurde ihr vorgeworfen, die Rolle der Polizei bei Schießereien nicht ausreichend untersucht zu haben. Ihre Unterstützter führen dagegen an, Harris sei immer offen für Reformen gewesen. Sie verweisen auf ihre Bilanz im Senat, in den sie 2016 als erst zweite schwarze Frau überhaupt gewählt worden war. Dort setzte sie sich unter anderem für eine Polizeireform ein.

Der erste gemeinsame Auftritt von Biden und Harris als Kandidatenpaar ist am Mittwoch geplant. Offiziell nominiert werden sollen die beiden auf dem mehrtägigen Parteikongress der Demokraten in der kommenden Woche.

(APA)

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