Plattenkritik

Beyoncé: Glitzer, Tüll und Black History

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Auf ihrem visuellen Album „Black Is King“ preist Superstar Beyoncé eineinhalb Stunden lang ihr afrikanisches Erbe. Das ist schön, funktioniert aber nur teilweise.

Manche Filme bräuchten Fußnoten. Dann müsste man zwar viel lesen, aber man verstünde einiges besser. Zum Beispiel „Black is King“, das visuelle Album von US-Superstar Beyoncé. Die Musik darauf ist bereits bekannt: Das Album „The Gift“ erschien im vergangenen Jahr, eine Parallelarbeit zur „König der Löwen“-Neuverfilmung, an dem Beyoncé mitwirkte. Nun wurde „Black Is King“ auf Disney+ veröffentlicht: 16 Musikvideos, die ein großes Ganzes ergeben. Einen solchen Musikfilm gab es auch zu Beyoncés Album „Lemonade“ (2016), künstlerisch der Höhepunkt ihrer Karriere. Mit „Black Is King“ will sie diesen übertreffen. Das funktioniert nur zum Teil.

Zum einen liegt das an der Musik. Bis zum sechsten Lied plätschert sie eher darin, dann kommt „Mood 4 Eva“ mit diesem seltsam verzögertem Beat. Im Ohr bleiben auch das liebliche „Brown Skin Girl“, auf dem Beyoncés achtjährige Tochter mitsingt, und das mitreißende „Already“. Richtig kraftvoll mit Trommeln ist „My Power“ bei dem Beyoncé sich zurücknimmt und das Mikro den Rapperinnen Nija, Tierra Whack und Busiswa überlässt. Gastauftritte gibt es auch von Kendrick Lamar, Naomi Campbell, Pharrell Williams und Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o. Der Film hat acht Co-Regisseure und eine Hauptregisseurin, Beyoncé selbst.

Beyoncé will hier ganz, ganz viel. Jedes Bild in diesem Film ist von barocker Pracht. Man kann gar nicht zählen, wie viele Kleider sie trägt. Seide, Tüll, edelsteinbesetzte Overalls, oder nur Farbe auf nackter Haut. Dutzende, nein hunderte Tänzer treten auf, einmal sogar ein ganzes Wasserballett.

(c) Disney+

Zwar gibt es eine Handlung, aber die wird nur lose erzählt: Ähnlich wie beim „König der Löwen“ verlässt ein Kind seine Gemeinschaft und kehrt nach überstandenen Gefahren als Regent zurück. „No true king ever dies. Our ancestors hold us from within our own bodies, guiding us through our reflections“, zitiert Beyoncé in einer der Pausen zwischen den Liedern die Lyrikerin Warsan Shire. Immer wieder spricht sie in diesen Intermezzi über die Ahnen und royale, wenn nicht gar biblische Abstammung. Die Suche nach familiären Wurzeln ist ja auch ein wichtiges Thema in der afroamerikanischen Literatur, man denke an Toni Morrison, die im Roman „Menschenkind“ zeigt, wie Familien von Sklaven systematisch zerrissen werden.

Auch das Alte Testament wird zitiert

Beyoncé selbst spricht von ihrem Film als „universelle Botschaft“. Diese wird mit Elementen aus der Black History, aus Kulturen Afrikas zusammengebaut: Man sieht Masken des westafrikanischen Stammes der Dogon. Eine Gruppe junger Männer hüpft – wie beim Wüstenstamm der Wodaabe, bekannt aus Werner Herzog „Hirten der Sonne“ (1989). Beyonces Haar ist hochgesteckt ähnlich einem Herrscherhut der zentralafrikanischen Mongo . . . Im Internet gibt es schon Abhandlungen darüber, auf welche Riten und historischen Ereignisse sich der Film bezieht (und wer die Kleider entwarf). Beyoncé zitiert auch das Alte Testament: Wie die Mutter des Moses – dieser ist, siehe Isaac Hayes, „Black Moses“ – eine wichtige Identifikationsfigur von Afroamerikanern im Freiheitskampf, setzt sie ein Baby im Weidenkorb auf einem Fluss aus.

Bibel und Könige, ein gigantischer Mond und ein Kind, das aus dem All auf die Erde fliegt: Alles in „Black is King“ ist groß und beeindruckend. Selbstbewusst und stolz. „Let Black be synonymous with glory“, sagt Beyoncé einmal. So viel Herrlichkeit: auf Dauer ist sie ermüdend.

Beyoncé: „Black Is King“ (Disney+)

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