Nennen Sie das Literatur?

Warum schreibst du immer so über Frauen? – Wie denn? – Du weißt schon. Charles Bukowski (1920 bis 1994).
Warum schreibst du immer so über Frauen? – Wie denn? – Du weißt schon. Charles Bukowski (1920 bis 1994).(c) TT News Agency/AKG
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„Falls ihr euch für Wahnsinn interessiert, euren oder meinen, dann kann ich euch ein bisschen was von meinem erzählen.“ Zum 100. Geburtstag von Henry Charles Bukowski – über den dirty old man und seine unsystematischen Erforschungen des anderen Geschlechts.

Keine gute Zeit für „dirty old men“: Anzügliche Provokationen haben ausgedient, die Dominanz männlicher Stimmen ist in die Kritik geraten – und wenn es sich um einen Autor handelt, der ein ausgeprägtes Macho-Image gepflegt hat, scheint sich jede Diskussion über seine weitere Relevanz zu erübrigen.

Charles Bukowski wäre am 16. August hundert Jahre alt geworden, er ist kein Geheimtipp mehr wie in den 1960er-Jahren, auch kein Kultautor wie in den 1970er- und 1980er-Jahren, doch seine Bücher erreichen immer noch ein breites Publikum, ein bemerkenswert breites: Im deutschsprachigen Raum finden sich – neben den Veröffentlichungen im Maro Verlag und bei Kiepenheuer & Witsch – Texte von Bukowski in „Klassik“-Ausgaben des S. Fischer Verlags, aber auch als Teil einer „Skandal Edition“ der „Bild-Zeitung“. Auf der „Men's Health“-Empfehlungsliste „Romane für Männer – Die wichtigsten Männerbücher“ darf Bukowski ebenfalls nicht fehlen.

Richtete sich zu seinen Lebzeiten die Bewunderung vorrangig auf die Authentizität der raubeinigen Milieuschilderungen eines alkoholkranken, wettsüchtigen Außenseiters, zeugt Bukowskis anhaltende Beliebtheit von Qualitäten jenseits der Selbststilisierung; street credibility allein ist ein doch eher vergänglicher Wert. So sind die – vor allem von seinem wichtigsten Übersetzer und Literaturvermittler im deutschsprachen Raum, Carl Weissner, aber auch von Bukowski selbst beförderten – Mythen vom besinnungslos saufenden Originalgenie, das erst „mit 35 Jahren“ angefangen habe zu schreiben, längst widerlegt: Bukowski war seit seiner Jugend ein hochproduktiver, literarisch nicht ungebildeter Autor, der ab Mitte 20 – abgesehen von einer Phase geringerer Schreibintensität, in der er sich fast zu Tode getrunken hätte – kontinuierlich veröffentlichte, was über viele Klein- und Kleinstzeitschriften, aber auch Pornomagazine letztlich zum Erfolg geführt hat.

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