Vom Appetit im Allerheiligsten

Salzburger Festspielgeschichte, biografisch: Michaela Schlögls „Die Festspielmacher“.

Hundert Jahre sind keine Kleinigkeit. Zumal wenn es hundert Jahre einer Institution sind, die sich im Lauf dieser hundert Jahre aus einer zunächst fast ins Fantastische überzogenen und keineswegs durchgängig von Zustimmung begleiteten Idee zu einer bestimmenden Konstante des internationalen Kulturlebens entwickelt hat, einer Konstante, die nicht einmal angesichts des Furors einer Pandemie Zweifel an dieser Bestimmung zulässt. Dass sich ausgerechnet in einem Land, das so oft in Sachen Innovation um die Pole „Wos brauch ma des“ und „Des ham ma ja no nie ghabt“ zu kreisen scheint, aus einer Privatinitiative etwas wie die Salzburger Festspiele entwickeln konnte, ist ein Wunder sui generis. Und wie große Mengen Erzählstoff die ersten hundert Jahre dieses Wunders geliefert haben, war dieser Jubiläumstage hinlänglich zu erfahren.

Könnte man jedenfalls glauben, bevor man Michaela Schlögls Band „Die Festspielmacher“ gelesen hat. Danach freilich, zugegeben, ist man noch einmal ein gutes Stück klüger. Die Wiener Kulturpublizistin erzählt die Festspielgeschichte den Biografien ihrer „Querdenker, Vordenker, Nachdenker“ entlang und räumt dabei nicht nur jenen, die seit je im Blickpunkt einschlägiger Reminiszenzen stehen, angemessen Raum ein, sondern auch Persönlichkeiten, deren Bedeutung für Salzburg traditionell unterbelichtet ist. Etwa die des Musikwissenschaftlers und Dirigenten Bernhard Paumgartner: als Leiter des Mozarteums Mitbegründer der Salzburger Festspiele, Festspielpräsident der 1960er und so ganz nebenbei mit seiner Wiederentdeckung des Cavalieri-Oratoriums „Rappresentatione di Anima, et di Corpo“ für die Felsenreitschule 1968 gleichsam einer der Ahnherren dessen, was heute als Originalklangbewegung längst omnipräsent ist.

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