Die EU macht den Weg frei für neue Sanktionen gegen Unterstützer von Alexander Lukaschenko. Demonstranten berichten unterdessen von schweren Misshandlungen im Gefängnis. In Wien demonstrierten 300 Menschen gegen den belarussischen Staatschef.
Die EU leitet wegen der Polizeigewalt in Weißrussland (Belarus) neue Sanktionen gegen Unterstützer des Staatschefs Alexander Lukaschenko in die Wege. Zudem soll es Strafmaßnahmen gegen Personen geben, die für eine Fälschung der Präsidentenwahl verantwortlich gemacht werden. Dabei soll es um Einreisesperren und die Beschlagnahme von Konten geben. Zudem wolle die EU einen Fonds einrichten, der die belarussische Zivilgesellschaft unterstützen soll, hieß es nach Angaben von Diplomaten. Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) soll nun eine Liste mit Personen zusammenstellen, gegen wen sich die Sanktionen richten.
Das außerplanmäßige virtuelle Treffen der 27 Außenminister war angesichts der Entwicklungen nach der umstrittenen Präsidentenwahl kurzfristig anberaumt worden. Dabei zeigten sich die Außenminister der EU27 "extrem besorgt über die Gewalteskalation nach den Präsidentenwahlen", wie das österreichische Außenministerium gegenüber der APA erklärte. "Es wurde vereinbart, mit der Vorbereitung gezielter Sanktionen gegen die für die Wahlfälschungen und Gewalt gegen friedliche Demonstranten verantwortlichen Personen zu beginnen."
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte bereits am Donnerstag Sanktionen in den Raum gestellt, sollte Belarus zentrale Forderungen nicht erfüllen. Er forderte konkret ein Ende der Gewalt sowie die Freilassung der willkürlich festgenommenen Demonstranten und Journalisten, die Aufhebung der Internetblockade und einen umfassenden innerstaatlichen Dialog. Sowohl die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Deutschlands Außenminister Heiko Maas als auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten vor den Beratungen und nach der Niederschlagung von Protesten in Weißrussland Konsequenzen gefordert. "Wir brauchen zusätzliche Sanktionen gegen die, die demokratische Werte und Menschenrechte in Belarus verletzt haben", twitterte von der Leyen.
Am Freitag hat Belarus zwei EU-Abgeordneten die Einreise verweigert. Einer von beiden sei der Vorsitzende der Weißrussland-Delegation des Parlaments, Robert Biedroń, teilte seine sozialdemokratische Fraktion am Freitagabend mit. Dem Polen sei am späten Nachmittag bei der Ankunft am Minsker Flughafen gesagt worden, dass sein Name auf einer Liste des Innenministeriums stehe und es für ihn mit dem nächsten Flug zurückgehe. Genauere Gründe seien nicht genannt worden.
Demonstraten berichten von schweren Misshandlungen
Nach Tausenden Festnahmen bei den Protesten gegen Präsident Alexander Lukaschenko sind nach offiziellen Angaben mehr als 2000 Menschen freigelassen worden. Das teilte das Innenministerium am Freitag in Minsk mit, wie die Staatsagentur Belta berichtete. Zugleich stellte die Regierung weitere Entlassungen in Aussicht. Dieser Prozess dauert an", hieß es. Es werde alles getan, um die Situation zu lösen. Bereits in der Nacht zum Freitag waren die ersten Gefangenen freigekommen. Viele berichteten von schweren Misshandlungen im Gefängnis und zeigten ihre Wunden.
Auch am Freitag gab es wieder Menschenketten. Das Innenministerium sprach von einem weitgehend friedlichen Verlauf. Demonstranten warfen der Polizei in den vergangenen Tagen immer wieder Gewalt und willkürliche Festnahmen vor.
Seit der Präsidentschaftswahl in Belarus am Sonntag gibt es dort heftige Proteste. Nach Angaben der Behörden in Minsk wurden dabei bisher mindestens 6700 Menschen festgenommen, zwei Demonstranten starben, Dutzende wurden verletzt.
Die belarussischen Behörden hatten den seit 26 Jahren regierenden Staatschef Alexander Lukaschenko zum klaren Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Die Opposition wirft ihm massiven Wahlbetrug vor und fordert Lukaschenkos Rücktritt. Die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja flüchtete nach der Wahl aus Furcht vor Repressalien nach Litauen.
Proteste in Wien
Auch in Wien gab es heute Proteste: Am Wiener Museumsquartier haben sich am Freitagnachmittag laut Veranstalter etwa 300 Personen versammelt, um gegen die politischen Missstände zu demonstrieren. Sie fordern ein Ende von Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung jener, die gegen Lukaschenko auf die Straße gehen. Ziel sei es, dem Land zu einer Demokratie zu verhelfen, hieß es.
"Wir wollen heute gemeinsam unsere Stimme erheben, denn bei den aktuellen Entwicklungen in Belarus ist Schweigen keine Option", sagte Kati Schneeberger, Präsidentin des Vereins "Vienna goes Europe", der die Kundgebung organisiert hat. Für Schneeberger sind Demonstrationen außerhalb von Belarus notwendig, um den Druck auf Lukaschenko zu vergrößern und Solidarität zu zeigen.
(APA/AFP)