Inkontinenz

Wenn sich der Harnfluss nicht (mehr) kontrollieren lässt

In Österreich sind etwa 850.000 Frauen und Männer von einer Harninkontinenz betroffen, Erich Konrad ist einer von ihnen.
In Österreich sind etwa 850.000 Frauen und Männer von einer Harninkontinenz betroffen, Erich Konrad ist einer von ihnen. (c) Helmut Lunghammer
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Tabuthema Beckenboden: 850.000 Österreicher leiden an Inkontinenz. Die wenigsten sprechen darüber. Die Scham ist zu groß – sollte es aber nicht sein.

„Man fühlt sich so, als wäre man ein Kind, dabei ist man erwachsen, führt eine Beziehung, verdient sein Geld, steht mitten im Leben – und kann doch seinen Harnfluss nicht kontrollieren.“ Sechs Jahre ist es her, dass Erich Konrad die Prostata entfernt wurde. In der Vorsteherdrüse, die sich unterhalb der Blase befindet, hatten sich Krebszellen breitgemacht. „Die Operation verlief gut, ich bin tumorfrei“, sagt der 63-Jährige heute. Ein Andenken aber blieb: Seit dem Eingriff leidet Konrad an Inkontinenz.

„Vor der OP trug ich Einlagen, ging nie außer Haus, ohne ein zweites Gewand mitzunehmen“, sagt er. „Ich konnte den Harn nicht stoppen.“ Befand sich der Masseur in der Nähe von Wasser, war es besonders schlimm: „Es kündigte sich nicht an, ließ sich nicht verzögern“, beschreibt er eine Situation, die rund 850.000 Österreichern gut bekannt ist. Anders gerechnet: jedem zehnten Einwohner. „Etwa jede zweite Frau ab 50 leidet an Harninkontinenz, bei Männern ist es ungefähr jeder fünfte“, sagt Wilhelm Bauer, Oberarzt der Urologischen Abteilung am Barmherzige-Schwestern-Krankenhaus Wien. Doch auch Jüngere sind nicht davor gefeit: „Eine Geburt reicht, um den Beckenboden so zu traumatisieren, dass es zu einer Inkontinenz kommt.“ Oder, wie im Fall von Konrad, eine Operation: „Jedes Jahr werden rund 400 Männer durch Eingriffe an der Prostata inkontinent“, zählt Bauer auf.

Gestresst bis überaktiv. Unterschieden werden drei Arten. „Am häufigsten kommt die Belastungs- oder Stressinkontinenz vor“, sagt Bauer. Sie entsteht bei zu geringer Verschlusskraft im Schließmuskel: „Wenn man niest, hustet, lacht, Stufen steigt, läuft oder etwas aufhebt, erhöht sich der Druck auf den Bauchraum, und man verliert Harn.“

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