Grundsätzlich ist der Vergleich zwischen der Arbeiterkammer und der Meinl Bank einmal positiv zu sehen...
Die Bank gesteht damit – ob sie das jetzt so sieht oder nicht – endlich Mitverantwortung für das Anlegerdesaster um die ehemalige Immobilientochter der Meinl Gruppe ein. Und die Kleinanleger, von denen viele von aggressiven Finanzkeilern in ihre erste Aktienveranlagung gedrängt worden waren, ohne zu wissen, worauf sie sich da einlassen, bekommen wenigstens einen Teil des erlittenen Schadens ersetzt.
Der Vergleich sendet aber auch falsche Signale aus: Erstens ist die Meinl Bank juristisch gesehen wirklich die falsche Adresse für solche Klagen. Denn das „Andrehen“ von Finanzprodukten an Anleger, für die diese Produkte definitiv nicht gemacht sind, haben ja unabhängige (und vielfach auch unqualifzierte) Finanzberater erledigt. Hier gibt es zweifellos noch Handlungsbedarf (auch wenn seit dem MEL-Skandal schon einiges in Gang gekommen ist).
Und zweitens wird damit einer verhängnisvollen Vollkasko-Mentalität Vorschub geleistet. Wenn es „en vogue“ wird, Aktienkursverluste einzuklagen (und damit Erfolg zu haben), dann können wir den Kapitalmarkt gleich vergessen.
Vorgänge wie der MEL-Skandal gehören juristisch ordentlich aufgearbeitet. Wenn sich dabei herausstellt, dass Anleger übers Ohr gehauen wurden, dann ist dagegen mit voller Härte vorzugehen. Vergleiche im Vorfeld behindern diesen Prozess eher.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2010)