Der Autokrat verweigert den Dialog und malt einen Umsturzversuch aus dem Westen an die Wand. Damit hofft er auf Schützenhilfe durch den Kreml. Ob er diese bekommen wird, ist unsicher.
Moskau/Minsk. „Wollt ihr Veränderungen?“, fragt Alexander Lukaschenko. „Nein“, schreit die Menge. „Was sollen wir ändern?“ – „Nichts!“ Es war eine eigentümliche Kundgebung, die am Sonntag in Minsk am Unabhängigkeitsplatz stattfand – nur ein paar Kilometer von dem großen Meeting der Opposition an der Stele „Heldenstadt Minsk“ entfernt. Während sich an der Stele Zehntausende Menschen versammelten, scharten sich um den angeschlagenen Autokraten ein paar Tausend Unterstützer. Rund um die Stele ein Fahnenmeer aus Weiß-Rot-Weiß, die Farben der früheren Nationalflagge von Belarus. Rund um Lukaschenko wehten grün-rote Banner – die Farben der offiziellen Landesflagge.
Genau eine Woche nach der von schweren Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl versammelte Lukaschenko erstmals seine Unterstützer um sich: Ältere Menschen, Staatsbedienstete und Funktionäre staatsnaher Organisationen waren auf den Unabhängigkeitsplatz gekommen. Viele waren in Bussen an den Platz gefahren worden; manche waren aus eigenem Antrieb gekommen.
Die Kundgebung zeigte eines: Lukaschenko, wenn auch geschwächt, denkt nicht an die Abgabe seiner Macht. Wer glaubte, dass er nach einer einwöchigen Protestwelle mit zwei Todesopfern zum Einlenken bereit sei, der wurde am Sonntag eines Besseren belehrt. „Ich erlaube nicht, dass unser Land hergegeben wird, sogar, wenn ich tot bin“, schwor der 65-Jährige.