Loveparade: Streit um Mitschuld der Stadt Duisburg

Loveparade-Katastrophe in Duisburg
Loveparade-Katastrophe in Duisburg(c) AP ()
  • Drucken

Ein von Duisburg beauftragtes Gutachten stellt keine Pflichtverletzungen der Stadt fest. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen ortet hingegen mangelnde Kontrollen.

Der Streit zwischen der Stadt Duisburg und der Landesregierung über die Verantwortung für die Katastrophe bei der Loveparade ist voll entbrannt. Die Stadt legte am Mittwoch den Bericht einer Anwaltskanzlei vor, der ihr rechtmäßiges Handeln bescheinigt. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) nahm hingegen die Polizei in Schutz und bekräftigte seine Vorwürfe gegen die Stadt: "Es besteht der Verdacht, dass die Stadt die Einhaltung der Auflagen nicht kontrolliert hat."

Überlebende, Veranstalter und Stadt hatten der Polizei eine Mitverantwortung für die Tragödie gegeben, durch die 21 Menschen ihr Leben verloren haben. "Ich werde nicht zulassen, dass die Polizei als Sündenbock für die Fehler und Versäumnisse anderer herhalten muss", erwiderte Jäger in einer Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses in Düsseldorf. "Es ist schäbig, erst die Polizei um Hilfe zu rufen, weil die Veranstaltung aus dem Ruder läuft und ihr dann auch noch den Schwarzen Peter zuzuschieben", wehrte Jäger die Vorwürfe ab.

"Wenn das Sicherheitssystem des Veranstalters funktioniert, muss die Polizei nicht zur Hilfe gerufen werden", betonte der Minister. Er sicherte aber zu, alle Vorwürfe gegen die Polizei aufzuklären. Indirekt deutete Jäger an, dass es auch bei der Polizei zu Fehlern gekommen sein könnte: "Es ist unwahrscheinlich, dass ein Einsatz dieser Dimension fehlerfrei verläuft", wenn das Sicherheitskonzept des Veranstalters zusammenbricht.

Stadt lehnt Verantwortung ab

Die Stadt Duisburg lehnte unterdessen jede Verantwortung ab. Es lägen "keine Erkenntnisse dafür vor, dass Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten und auf diese Weise zum Unglück beigetragen oder es gar verursacht hätten", ließ sie über eine Anwaltskanzlei erklären. Allerdings hätten vermutlich "Dritte gegen Vorgaben und Auflagen der Genehmigungen der Stadt Duisburg verstoßen".

Minister Jäger bemängelte die Kontrolle dieser Auflagen und warf dem Veranstalter vor, sein eigenes Sicherheitskonzept von Anfang an nicht eingehalten zu haben. Des weiteren sei die Anweisung, die Tunnel zu sperren, nicht umgesetzt worden. Stattdessen hätten die Ordner durch das Entfernen von Zäunen im kritischen Zeitraum den Zustrom von Menschen noch erhöht, statt ihn zu stoppen.

Für die Sondersitzung des Innenausschusses, die mit einer Gedenkminute begann, waren die Abgeordneten aus dem Urlaub zurückgerufen worden. Die Oppositionsparteien CDU und FDP haben Jäger insgesamt fast 100 Fragen vorgelegt. Dabei geht es vor allem um die Verantwortung für die Tragödie und die Genehmigung des Sicherheitskonzepts. Im Gedränge am einzigen Ein- und Ausgang des Loveparade-Geländes für die Besucher waren am 24. Juli 21 Menschen erdrückt und mehr als 500 verletzt worden.

Dr. Motte fühlt sich mitschuldig

Loveparade-Gründer Dr. Motte fühlt sich an der Katastrophe von Duisburg mitschuldig. "Ich fühle mich schuldig, dass ich die ganze Sache nicht frühzeitig gestoppt habe", sagte der 50-Jährige dem "Zeitmagazin". Beim Verkauf der Rechte an die Fitnesskette McFit sei er überstimmt worden und habe kein Veto eingelegt. Er sehe heute die Loveparade als sein Kind an - "ein Kind, das missbraucht wurde", betonte Dr. Motte alias Matthias Roeingh.

Der Techno-DJ erklärte: "Mein mit der Loveparade verbundener Traum war der Weltfrieden, und durch die Wiederholung der Veranstaltung sollten andere Menschen mit diesem Traum angesteckt werden." Die Loveparade sollte ein "Fest der Menschheit" sein. Alles, wofür Duisburg vor der Katastrophe gestanden habe, habe nichts mehr mit Techno zu tun gehabt.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tote Loveparade Gott
Weltjournal

Weihbischof zu Loveparade: "Gott straft aus Liebe"

Der Salzburger Weihbischof Andreas Laun bezeichnet die Loveparade als "Sünde" vor einem "richtenden und strafenden Gott". Zugleicht betont er, dass er nicht über die Toten urteilen wolle.
Rainer Schaller Loveparade
Weltjournal

Loveparade-Veranstalter fährt Lamborghini zu Schrott

Rainer Schaller war bei Regen mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Er blieb unverletzt, an seinem Auto entstand ein Schaden von 100.000 Euro.
Loveparade Buergermeister stellt sich
Weltjournal

Loveparade: Bürgermeister stellt sich Abwahlverfahren

Nach der Loveparade-Tragödie stellt sich der Duisburger Bürgermeister Sauerland einem Abwahlverfahren im Stadtrat. Ihm wird vorgeworfen, Warnungen in den Wind geschlagen zu haben.
Gedenkfeier für Loveparade-Opfer hat begonnen
Weltjournal

Gedenkfeier: "Loveparade wurde zum Totentanz"

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel war bei der Feier vertreten. Der Gedenkgottesdienst wurde im Fußballstadion auf Leinwänden übertragen. Nur einige hundert Menschen fanden den Weg ins Stadion.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.