Das weißrussische Volk verliert die Angst vor dem Autokraten. Die Protestwelle gegen den Präsidenten hält an, in immer mehr Betrieben kommt es zu Arbeitsniederlegungen. Der irritierte Präsident kann sich plötzlich Neuwahlen vorstellen.
Ein leeres Sofa, dahinter auf der Wand aufgemalte Kornblumen, das nette Symbol von Belarus. So präsentierte sich Lukaschenkos Propaganda-Fernsehsender „Belarus 1“ am Montagmorgen den Zuschauern. Das Bild fiel aus, die technische Belegschaft hatte sich wie am Vortag angekündigt dem nationalen Streik angeschlossen. „Heute ist ein guter Tag, die Sonne scheint, wir mögen einander alle und können das alles friedlich lösen“, erklärte eine etwas verwirrte Nachrichtensprecherin.
Für den Despoten Alexander Lukaschenko jedoch begann der Montag schlecht. Am Morgen schlossen sich die beiden exportorientierten Staatsfirmen „Belruskali“ und die Rohölraffinerie „Naftan“ den Streiks an. Beide gelten als zentrale Devisenbeschaffer des Regimes.
Zur Mittagszeit wurde klar, dass sämtliche Gruben die Erzförderung eingestellt haben und alle Hochöfen abgeschaltet worden sind. Und in Bratislava solidarisierte sich der weißrussische Botschafter Igor Leschtschenja mit der Protestbewegung in seiner Heimat und zeigte sich schockiert über die Polizeigewalt.
Lukaschenko beschwichtigt
Lukaschenko aber tat so, als sei nichts geschehen. Bei einem Besuch im Minsker Speziallastwagenwerk MSKT, das auch für die weißrussische Armee produziert, redete er die landesweiten Streiks klein. „150, 200 Personen machen noch kein Wetter. Wer arbeiten will, soll arbeiten. Wenn sie nicht arbeiten wollen – nun, wir werden sie nicht zwingen“, gab sich Lukaschenko großherzig. „Hau ab! Trete zurück!“, skandierte hingegen versammelte Belegschaft.