Der Rapper Bushido ließ sich mit der arabischstämmigen Großfamilie Abou-Chaker ein. Nun hat er Polizeischutz. Am Montag begann der Prozess.
Berlin. Es gab eine Zeit, da hat Anis Ferchichi, besser bekannt als Rapper Bushido, für die Männer auf der Anklagebank geschwärmt. „Endlich hatte ich meine richtige Familie gefunden“, notierte er 2008 in seiner Autobiografie und skizzierte offenherzig, wie man sich das Leben in dieser „Familie“ vorzustellen habe. Es gelte das „Mafia-Prinzip“: „Du musst alles für die Familie machen, aber dafür wird auch alles für dich getan.“
Zwölf Jahre später bringen Sicherheitskräfte mit schusssicheren Westen den 41-jährigen Musiker in das Landesgericht Berlin. Bushido steht unter Polizeischutz, seit er gegen seine „richtige Familie“ ausgesagt hat, also gegen den Abou-Chaker-Clan. Oberhaupt Arafat Abou-Chaker, 44 Jahre jung, sitzt am Montag im Hochsicherheitssaal 500 auf der Anklagebank. Ihm werden unter anderem schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Auch drei seiner Brüder, 39, 42 und 49 Jahre alt, sind als Gehilfen oder Mittäter mitangeklagt.
Für den Boulevard ist der Showdown zwischen dem „Gangsta-Rapper“ und Nebenkläger Bushido und dem angeklagten Clanführer ein gefundenes Fressen. Doch was wie eine billige Show für die Illustrierten wirkt, ist tödlicher Ernst. Arabische Clans haben die Welt der Rapmusik unterwandert. Nicht nur die Abou-Chakers sind dick im Musikgeschäft.
Den Clans bringt das Geld. Sehr viel Geld. Den Rappern wohl das, was man auf Neudeutsch „street credibility“ nennt, also Glaubwürdigkeit, wenn sie sich vor Millionenpublikum in die Gangster-Pose werfen und vulgär Gewalt androhen. Und so ein Clan schützt Musiker auch vor anderen Clans. So läuft das 2020 mitten in Deutschland. Für den 41-jährigen Bushido und für Arafat Abou-Chaker zahlte sich die Partnerschaft lang aus. Der Clanchef half seinem „Bruder“, aus Plattenverträgen auszusteigen. Zusammen gründeten sie ein eigenes Label. Es gibt ein Bild, das die beiden bei einer Filmpremiere auf dem roten Teppich zeigt. Der Sohn palästinensischer Einwanderer, in Deutschland geboren, und der Musiker herzen sich und strecken klischeehaft ihre Mittelfinger in die Kameras.