Festspiele

Salzburg: Stolpersteine erinnern an verfolgte Künstler

Der Historiker Gert Kerschbaumer, die Präsidentin der Salzburger Festspiele Helga Rabl-Stadler, die Direktorin des jüdischen Museums Danielle Spera, und die Chefin der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, Hanna Feingold.
Der Historiker Gert Kerschbaumer, die Präsidentin der Salzburger Festspiele Helga Rabl-Stadler, die Direktorin des jüdischen Museums Danielle Spera, und die Chefin der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, Hanna Feingold.(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Auf erhobenen Messingplatten sind die Namen von Künstlern zu lesen, die die Salzburger Festspiele prägten und von den Nazis verfolgt wurden.

28  so genannte Stolpersteine haben seit Montag ihren Platz vor dem Haus für Mozart am Salzburger Max-Reinhardt-Platz. Sie werden fortan an Festspielkünstler erinnern, die in den fast 20 Jahren von der Gründung der Festspiele bis zum Anschluss 1938 das Festival maßgeblich geprägt haben und von den Nationalsozialisten verfolgt oder ermordet wurden. Die Festspiele übernehmen die finanzielle Patenschaft.

Der Historiker Gert Kerschbaumer hat die Biografien der Künstlerinnen und Künstler recherchiert, deren Namen nun in den würfelförmigen Messingplatten am Boden zu lesen sind. Die berühmtesten Namen sind dabei Festspielbegründer Max Reinhardt, aber auch Dirigenten wie Arturo Toscanini, Bruno Walter oder Erich Kleiber. Auf den Steinen stehen neben den Namen der Künstler auch deren Geburtsjahr, ihr Beruf, das Jahr ihrer Flucht und das Ziel derselben. Dazwischen liegen auch immer wieder Steine ohne Messingplatte. "Sie sollen an die vielen Künstler, z.B. Philharmoniker erinnern, die nicht in dieser Auswahl enthalten sind", so Kerschbaumer.

Der Stein mit dem Namen Max Reinhardt, einer von 28 Stolpersteinen für Opfer der nationalsozialistischen Diktatur.
Der Stein mit dem Namen Max Reinhardt, einer von 28 Stolpersteinen für Opfer der nationalsozialistischen Diktatur.(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)

Dass die Steine tatsächlich einmal hier - "im Mittelpunkt der Gesellschaft" - liegen würden, das hätte Kerschbaumer nicht geglaubt, wie er in seiner Rede beteuerte. Für Festspielkünstler gab es bis dato auch noch keine "Stolpersteine". Das Stolperstein-Projekt gibt es seit den 1990er-Jahren und entstammt einer Idee des Künstlers Gunter Demnig, mit dem auch Kerschbaumer im Austausch stand. In Salzburg wurden bisher knapp 500 Steine verlegt.

Neben dem "Mittelpunkt der Gesellschaft" haben es die Steine definitiv auch in den Mittelpunkt des Festspieltreibens geschafft. "Es war uns sehr wichtig, die Steine hier prominent und sichtbar auf dem Max-Reinhardt-Platz zu verlegen. Die Festspiele haben sich immer als Friedensbotschafter verstanden und wollen ein großes Zeichen setzen", so Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, die Kerschbaumer in seiner Rede wegen ihres Einsatzes als "Präsidentin Courage" bezeichnete. Im vergangenen Jahr waren das Personenkomitee Stolpersteine und die Israelische Kultusgemeinde an die Festspiele herangetreten.

Besonders auffällig ist ein doppelter "Stolperstein", der den Titel Rose-Quartett trägt. Dahinter verbirgt sich laut Kerschbaumer ein Philharmoniker Quartett. Alma Rose, die ebenfalls einen Gedenkstein bekommen hat, dürfte vor allem Besuchern der "Reden über das Jahrhundert" ein Begriff sein, denn sie leitete die so genannte Mädchenkapelle von Auschwitz, der auch Festspielrednerin Anita Lasker-Wallfisch angehörte, die in ihrer zuvor auf Video aufgezeichneten Rede am Samstag in der Felsenreitschule mehrmals betonte, dass allein die Musik ihr Leben im Konzentrationslager rettete.

"Die Musik ist ein Teil der Welt und eine Welt für sich. Sie bedeutet für jeden etwas anderes. Nur eines kann die Musik nicht ausdrücken: Lügen. So kriminell wie die Nationalsozialisten waren, muss man sich immer wieder damit auseinandersetzen, und deswegen ist es wunderbar, dass dieses Projekt existiert. Denn wer sich nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzt, der ist kein Mensch", so Dirigent Daniel Barenboim, der ebenfalls einige Grußworte an die Menge vor dem Haus für Mozart richtete, die so zahlreich erschienen war, dass man die für drinnen geplanten Reden spontan vor das Festspielhaus verlegte.

Im Anschluss enthüllten Rabl-Stadler, Kerschbaumer und Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums, die zwei Reihen Stolpersteine und umrahmten sie mit Blumen. Salzburg besitzt nun insgesamt 469 "Stolpersteine", deren menschliche Geschichten auf www.stolpersteine-salzburg.at nachzulesen sind.

(APA)

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