Gastkommentar

Die EU-Plastikabfallabgabe: Missglückter Versuch einer Umweltsteuer oder Chance?

Peter Kufner
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Die aktuelle Konzeption der EU-Plastikabfallabgabe ist ökologisch und fiskalisch-steuertechnisch kontraproduktiv. Besser wäre, die türkis-grüne Regierung würde sich an dem orientieren, was sie im Regierungsprogramm unter „Ökosoziale Steuerreform“ und „Ein Green Deal für Österreichs Wirtschaft“ vereinbart hat.

Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt einigten sich die Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel als Teil des mittelfristigen EU-Finanzrahmens auch auf eine Plastikabfallabgabe in der Höhe von 80 Cent pro Kilogramm (= 800 Euro pro Tonne) nicht rezykliertem Kunststoffverpackungsabfall. Jeder Mitgliedstaat führt demnach ab 2021 den jeweils entsprechenden Betrag nach Brüssel ab, wobei den Mitgliedstaaten die Aufbringung der Mittel aus ihren Budgets, d. h. finanziert durch alle Steuerzahler, oder über Umwälzung auf Hersteller, Handel und Konsumenten freigestellt ist.

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Auf EU-Ebene ist diese Abgabe durch die Suche nach neuen Finanzierungsquellen motiviert. Man rechnet EU-weit zunächst mit Einnahmen von jährlich etwa 5,7 Milliarden Euro. Erwartet werden auch Anreize zur Reduzierung des Volumens an Kunststoffen und Plastikabfall inkl. höherer Plastikabfall-Recyclingquoten, um Plastik damit nachhaltiger zu machen. Österreich wird die EU-Plastikabgabe nach ersten Einschätzungen jährlich etwa 140 bis 160 Millionen Euro kosten. Beabsichtigt ist, diese aus dem regulären Budget zu begleichen. Dieser EU-Vorstoß sowie die geplante österreichische Implementierung werden von der Industrie und von Umweltverbänden gleichermaßen kritisiert, wenngleich mit unterschiedlichen Begründungen. Dazu gehören fehlende Innovationsanreize, mangelnde Lenkungseffekte und zu hohe Kosten.

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