US-Wahlen

Joe Biden startet offiziell ins Rennen um US-Präsidentschaft

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Wie erwartet schicken die Demokraten den 77Jährigen nun auch offiziell in den Kampf um den Einzuf ins Weiße Haus. Biden verspricht, das Land als Präsident zu einen. Er will es aus der Corona-Pandemie führen und die Wirtschaft wieder aufbauen.

Die US-Demokraten haben Joe Biden offiziell als ihren Kandidaten im Rennen um das Weiße Haus nominiert. Der ehemalige US-Vizepräsident erhielt am Dienstagabend (Ortszeit) bei dem weitgehend virtuell veranstalteten Parteitag wie erwartet die dafür notwendige Zahl an Delegiertenstimmen. Er tritt damit bei der Wahl am 3. November gegen US-Präsident Donald Trump an.

"Es bedeutet die Welt für mich und meine Familie", sagte Biden.
"Danke, danke, danke." Der 77-Jährige wird sich zum Abschluss des
Parteitags am Donnerstag (Ortszeit) in Wilmington im US-Bundesstaat
Delaware äußern und seine Nominierung formell annehmen.

TV-Spektakel statt Massenveranstaltung

Die Nominierung beim Parteitag war eine Formalie: Biden hatte
sich im Vorwahlrennen der Demokraten gegen die anderen
Präsidentschaftsbewerber durchgesetzt. Als letzter Rivale warf
Senator Bernie Sanders im April das Handtuch. Die Linken-Ikone
stellte sich bei dem Parteitag dennoch zur Wahl.

Amtsinhaber Trump soll kommende Woche bei dem Parteitag der
Republikaner offiziell zum Kandidaten gekürt werden.

Die Corona-Pandemie hat die Planungen der Demokraten für den
Parteitag auf den Kopf gestellt. Ursprünglich war das Treffen in
einer großen Halle in Milwaukee (Wisconsin) geplant - in Anwesenheit
von Zehntausenden Gästen. Das viertägige traditionelle Mega-Event
wurde auf täglich zwei Stunden Programm reduziert, das bei vielen
Fernsehsendern und online übertragen wird. Nur wenige Vertreter der
Demokraten befinden sich am ursprünglichen Veranstaltungsort.

Viel Kritik an Donald Trump

Während der Abstimmung zur Nominierung verkünden Vertreter der
Staaten und Gebiete der USA typischerweise die Verteilung der
Delegiertenstimmen - und nutzen den Auftritt für politische
Forderungen oder Preisungen ihrer Heimat. Dieses Jahr lief das
Prozedere in komprimierter Form ab - Videos aus den einzelnen Teilen
des Landes erinnerten an die Punktevergabe beim Eurovision Song
Contest. Die Redebeiträge von Politikern, Aktivisten oder Arbeitern
drehten sich um Bidens Pläne für die Wirtschaft und Erfahrungen
während der Corona-Pandemie - Kritik an Trump gab es auch.

Biden verspricht, das Land als Präsident zu einen. Er will aus
der Corona-Pandemie führen und die Wirtschaft wieder aufbauen, die
durch die Krise erheblichen Schaden genommen hat. Zudem verspricht
er, sich für mehr Gerechtigkeit einzusetzen und gegen systematischen
Rassismus einzutreten.

Vizepräsident unter Barack Obama

Der 77-Jährige war acht Jahre lang Vizepräsident unter Barack
Obama. In die Wahl ziehen will er mit der kalifornischen Senatorin
Kamala Harris, die im Fall eines Sieges die erste schwarze
Vizepräsidentin der USA wäre. Harris soll am Mittwoch (Ortszeit)
nominiert werden und anschließend ihre Nominierungsrede halten.
Biden hatte zahlreiche Frauen als "Running Mate" in Betracht
gezogen. Während der landesweiten Debatte über Rassismus und
Polizeigewalt war der Druck auf ihn gestiegen, sich für eine
nicht-weiße Frau zu entscheiden.

Biden liegt in landesweiten Umfragen vor Präsident Trump. Die
Erhebungen haben allerdings wegen des komplizierten Wahlsystems nur
begrenzte Aussagekraft. Biden ist bisher gut mit einem
zurückhaltenden Wahlkampf gefahren, mit dem er der Pandemie Rechnung getragen hat. Die Demokraten unterstreichen damit ihre Botschaft, einen verantwortungsvollen Kandidaten ins Rennen ums Weiße Haus zu schicken. Wegen Trumps treuer Basis sind sie auf eine breite
Koalition an Unterstützern angewiesen, von enttäuschten
Trump-Wählern bis hin zu den Parteilinken. Die Hoffnung ist, dass
der moderate Biden diese hinter sich vereinen kann.

Clinton und Carter geben Rückendeckung

Klar hinter Biden stehen zwei frühere US-Präsidenten - Jimmy
Carter und Bill Clinton. "Joe hat die Erfahrung, die Charakterstärke
und die Anständigkeit, uns zusammenzuführen und Amerikas
Großartigkeit wieder herzustellen", sagte Carter in einer am
Dienstagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Audiobotschaft anlässlich
des Parteitags. "Wir verdienen jemanden mit Integrität und
Urteilsvermögen, jemanden, der ehrlich und fair ist, jemanden, der
dem verpflichtet ist, was das Beste für die Amerikaner ist."

Bill Clinton übte scharfe Kritik an Trump. "In Zeiten wie diesen
sollte das Oval Office eine Kommandozentrale sein. Stattdessen ist
es ein Unruheherd", sagte Clinton in einer Videoansprache. "Es
herrscht nur Chaos. Nur eine Sache ändert sich nie: Seine (Trumps)
Entschlossenheit, Verantwortung abzustreiten und die Schuld
abzuwälzen."

Wer einen Präsidenten wolle, der "seinen Job darin definiert,
jeden Tag stundenlang Fernsehen zu schauen und Leute in den sozialen
Medien fertigzumachen", der müsse für Trump stimmen. Biden dagegen
habe eine Mission, sagte Clinton. "Verantwortung übernehmen, nicht
Schuld abwälzen; sich konzentrieren, nicht ablenken; vereinen, nicht
spalten." Biden sei "bodenständig" und erledige seine Arbeit. Carter
war von 1977 bis 1981 US-Präsident, Clinton von 1993 bis 2001. 

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