Gastkommentar

Ein Riesenschritt hinein in den „Neuen Nahen Osten“?

Tel Aviv's municipality building is lit in the Israeli and United Arab Emirates national flags following the announcement of a deal to normalise relations between the countries
Tel Aviv's municipality building is lit in the Israeli and United Arab Emirates national flags following the announcement of a deal to normalise relations between the countriesREUTERS
  • Drucken

Israel und die VAE haben ein historisches Abkommen geschlossen. Der Weg zum Frieden im Nahen Osten führt vielleicht nicht durch Ramallah.

Das Wort „historisch“ wird manchmal missbraucht, aber jetzt ist es angebracht. Wenn erst zum dritten Mal in der Geschichte ein Friedensvertrag zwischen Israel und einem arabischen Staat perfekt wird, dann darf man beeindruckt sein. Genau genommen ist es kein Friedensvertrag, denn anders als 1979 mit Ägypten und 1994 mit Jordanien wird kein formaler Kriegszustand beendet – es ist ein Abkommen über die Aufnahme von normalen Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten, also vielleicht ein Riesenschritt hinein in den lange herbeigesehnten „Neuen Nahen Osten“.

Die Emirate sind ein respektierter Teil der arabischen Welt, die Israel grundsätzlich immer angefeindet hat. Und jetzt soll da tatsächlich etwas in Richtung Normalisierung laufen? Ja, man redet etwa von Botschafteraustausch, Investitionen in die israelische Hightech-Wirtschaft, Direktflügen zwischen Abu Dhabi und Tel Aviv und von so etwas scheinbar Selbstverständlichem, aber bisher Undenkbarem wie einer Telefondurchwahl zwischen den beiden Ländern.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

All das bekommt Israel jetzt praktisch gratis, also ohne wirkliche Konzessionen. Bei den unzähligen Friedensanläufen seit 1967 hatte immer gegolten: „Land für Frieden“ – also Israel verzichtet auf Territorium und bekommt dafür Anerkennung. Plötzlich wird mit einer anderen Formel gerechnet: „Frieden für Frieden“. Die sogenannte Annexion von Teilen des Westjordanlands, auf die Israels Premier, Benjamin Netanjahu, verzichtet hat, hätte nach allgemeiner Auffassung ohnehin nie stattgefunden. Sie hätte zu viele Nachteile und Gefahren ohne konkreten Gewinn gebracht, und die Amerikaner waren dagegen. Die Emirate haben Netanjahu jetzt die Leiter gegeben, mit der er von der hohen „Annexions“-Palme wieder herunterkommen konnte. Netanjahu kann sagen: Ja, ich muss die „Annexion“ jetzt leider verschieben, aber seht her, ich bringe euch den Frieden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.