Fahrbericht

Nissan NV300: Fahr doch lieber mit dem Bus!

Pkw-Komfort und viel Platz mit 3,5 Metern Radstand: Nissan NV300.
Pkw-Komfort und viel Platz mit 3,5 Metern Radstand: Nissan NV300.(c) Chris Wagler
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Angebot und Nachfrage im Segment der Busse und Transporter wachsen stetig. Jetzt legt Nissan eine Luxusstufe nach und bringt den sehr komfortablen NV300 mit Sechsgangautomatik.

Unser erster Transporter hatte 1250 kg Leergewicht, einen 50-PS-Benzinmotor und 2,4 Meter Radstand. Der Vater hatte den VW-Bus (T2a) Anfang der 1970er-Jahre gekauft, für uns Kinder der automobile Himmel auf Erden. Daran hat sich bis heute nichts geändert, die Form des Quaders gibt Freiheiten, die für ein SUV oder für mittelgroße Vans nicht erreichbar sind.

Der Trend zum Bus lässt sich auf unseren Straßen gut ablesen, das Angebot ist üppig. Mittendrin der Nissan NV300, ursprünglich ein Joint-Venture mit Renault (Trafic), GM/Opel (Vivaro B) und später Fiat (Talento). Diese Autos kommen nicht alle aus der gleichen Fabrik: Nissan baut seine Busse und Transporter in einem katalanischen Werk, außerdem variieren die Ausstattungen, zum Beispiel gibt es Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe nur bei Nissan (als DCT) und bei Renault (als EDC).

Die Automatik verändert alles. In Kombination mit 380 Nm aus dem 2,0-Liter-Diesel verleiht sie dem Gesamtpaket eine bemerkenswerte Souveränität, wohlgemerkt bei 2075 Kilogramm Leergewicht, 170 PS, einem Verbrauch von 8,7 l/100 km und 3,5 Meter Radstand, fast ein halber Meter mehr als eine S-Klasse. Es wird schnell geschaltet, sogar die bei den Bussen übliche Anfahrtsträgheit wird mit der Automatik entscheidend gemildert. Die Leistung ist als Reserve zu sehen, die ein voll besetzter Van braucht. Das Komfortpaket Premium tut ein Übriges. Einzelsitze mit Armlehnen und Lendenwirbelstützen vorne sind immer ein Gewinn, auf beiden Seiten wird man entspannt aufgefangen. Auch auf den hinteren Plätzen der Sitzbänke gibt es Armlehnen für alle, außerdem Schiebetüren rechts und links (mit Schiebefenster) und verdunkelte Scheiben ab der B-Säule.

Aber wer schon einmal in einem großen Van gefahren ist, weiß, dass die besten Plätze vorn links und rechts sind. Der Luxus unterstreicht, wie nah die Hersteller mittlerweile am Pkw-Komfort dran sind. Das inkludiert die üblichen Licht- und Regensensoren, Einparkhilfe mit Kamera, Tempopilot, Navi, Multimedia, Bluetooth, DAB-Radio, Lederlenkrad etc. Das inkludiert allerdings auch das seit Jahren schwindende Gefühl für Rückmeldungen von der Straße. Das Vorgängermodell Primastar war da noch aus ganz anderem Holz geschnitzt. Viel Feedback von der Lenkung oder dem Fahrwerk darf man nicht erwarten. Muss man auch nicht, weil ohnedies die Elektronik alles überwacht. Nur die Geschwindigkeit bleibt deutlich spürbar, und das ist gut so.

Der Einstiegspreis für unser Testfahrzeug ist 40.616 Euro, die Extras erhöhen die Rechnung auf 51.482,90 Euro. Viel wichtiger als die Entscheidung pro oder contra Luxus ist die Gewissensfrage, ob man einen Bus auch wirklich braucht oder doch mit einem kleineren Fahrzeug auskommt. Abschließend noch ein Wert von unserem alten VW Bus: Er hatte mit 980 kg Zuladung knappe 140 kg mehr als der aktuelle Nissan NV300 im Luxustrimm. Es waren sorglose Zeiten. (wag)

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2020)

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